Depression betrifft die ganze Familie

NAS | 27.11.2024

Unter einer Depression leidet nicht nur die erkrankte Person: Auch die Angehörigen sind von den Auswirkungen der Krankheit oft stark betroffen. Sie werden jedoch nur selten in die Therapie einbezogen, zeigt eine aktuelle Befragung der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention.
Die Familie wird von Menschen mit einer Depression oft als große Stütze empfunden. image.originalResource.properties.copyright

Fast jeder Zweite ist hierzulande von einer Depression betroffen: Entweder durch eine eigene Erkrankung (24 Prozent) oder indirekt als Angehöriger (26 Prozent). Das zeigt das aktuelle Deutschland-Barometer Depression. Befragt wurden im September 2024 5.000 Personen zwischen 18 und 69 Jahren.

Familie unterstützt in schweren Zeiten

Die Familie ist für viele Menschen mit Depression eine große Stütze auf dem Weg durch die Erkrankung: Fast jeder zweite Betroffene (46 Prozent) gibt an, dass die Familie ihnen das Gefühl gibt, nicht allein zu sein. Bei 41 Prozent der Erkrankten haben Familienmitglieder bemerkt, dass etwas nicht stimmt und den Erkrankten darauf angesprochen. 38 Prozent der Betroffenen wurden dann von Angehörigen ermutigt, sich professionelle Hilfe zu suchen. 

„Morgens aufstehen, den Geschirrspüler ausräumen oder einen Arzttermin vereinbaren – all diese Tätigkeiten können in der Depression die größte Herausforderung sein. Hoffnungslosigkeit und ein fehlender Antrieb sind Teil der Erkrankung und machen den Alltag schwer“, erklärt Prof. Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention. Der Experte ermutigt Angehörige daher, sich über die Erkrankung zu informieren: Das trage zum Verständnis bei, dass die erkrankte Person sich nicht „gehen lässt“, sondern krankheitsbedingt selbst alltägliche Dinge nur schwer meistern kann. „In Krankheitsphasen können Angehörige deshalb eine wichtige Stütze sein, indem sie z.B. einen Arzttermin organisieren und den Erkrankten dorthin begleiten“, so Hegerl. 

Angehörige kaum in Behandlung eingebunden

Kritisch sieht der Experte es daher, dass nur 16 Prozent der Angehörigen von Ärzten informiert und in die Behandlung eingebunden werden: Fast jeder zweite Angehörigen selbst empfand es als Belastung, nicht gut von den Behandlern informiert worden (41 Prozent) und nicht in die Behandlung integriert zu sein (39 Prozent). „Depression betrifft die ganze Familie. Deshalb ist es sinnvoll, Angehörige in die Behandlung einzubeziehen, um ihnen beispielsweise Wissen über die Erkrankung und die Behandlung zu vermitteln. Familiäre Belastungen können so reduziert werden“, betont Hegerl.

Depression belastet den Familienalltag

Der Experte erläutert weiter: „An Depression erkrankte Menschen fühlen sich erschöpft und innerlich wie abgestorben. Sie ziehen sich oft von anderen Menschen zurück, weil ihnen alles zu viel wird. Dies kann zu Missverständnissen und Konflikten führen.“ So sei es nicht verwunderlich, dass gut drei Viertel der Angehörigen (77 Prozent) die Depression für das Familienleben als belastend oder sehr belastend empfinden. Vor allem die Sorge um den Erkrankten (81 Prozent) und dessen Antriebs- (73 Prozent) und Interessenslosigkeit (67 Prozent) wurden für die Familie als belastend erlebt. In fast jeder zweiten Familie (43 Prozent) gab es während der Depression häufiger Streit als sonst.  

Jede zweite Familie berichtet rückblickend jedoch auch von positiven Erfahrungen: Bei 55 Prozent der befragten Angehörigen hat sich das erkrankte Familienmitglied gegenüber der Familie mehr geöffnet, 47 Prozent beschreiben, dass sich durch die Depression die Beziehung zueinander vertieft oder gefestigt habe. „Das gemeinsame Überstehen dieser leidvollen Erkrankung kann zu einem Zusammenrücken in der Familie und einer Vertiefung der Beziehungen führen“, so Hegerl.

Informationen und Hilfe bei Depression für Betroffene und Angehörige unter anderem hier:

  • Wissen und Adressen rund um das Thema Depression auf www.deutschedepressionshilfe.de
  • Deutschlandweites Info-Telefon Depression für Betroffene und Angehörige: 0800 3344 5 33
  • E-Mail-Beratung für Betroffene und Angehörige: bravetogether@deutschedepressionshilfe.de
  • Online-Forum: Erfahrungsaustausch für Betroffene und Angehörige unter www.diskussionsforum-depression.de
  • Sozialpsychiatrische Dienste bei den Gesundheitsämtern
  • Beratung und Selbsthilfegruppen speziell für Angehörige www.bapk.de
  • Tipps und Übungen für Angehörige: www.familiencoach-depression.de