Im Kino sieht nicht jeder dasselbe

ZOU | 05.09.2024

Gemeinsam einen Film im Kino schauen – das bedeutet noch lange nicht, dass Sie dasselbe sehen wie Ihre Begleitung: Individuelle Augenbewegungen können verschiedene Versionen desselben Films erzeugen, haben Forschende der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) herausgefunden.
Zwei Menschen können den gleichen Film im Kino sehen - und sehen trotzdem nicht dasselbe, berichten Forschende. image.originalResource.properties.copyright

Anhand der Messung der Augenbewegungen und der Gehirnaktivität bei 19 Freiwilligen stellten die Forschenden fest, dass ein Film in jedem Kopf anders abläuft. Das Gehirn spiegelte ein unterschiedliches Erleben der gesehenen Inhalte wider, die zum Teil anhand der individuellen Augenbewegungen vorhergesagt werden konnten.

Im Vergleich zum passiven Betrachten, bei dem nur die Bildmitte fixiert wurde, führten die natürliche Augenbewegungen zu einer deutlich stärkeren Aktivierung der visuellen Zentren im Gehirn. Diese Aktivität zeigte größere individuelle Unterschiede als beim passiven Betrachten.

Jeder Mensch hat individuelle Sehgewohnheiten

Prof. Ben de Haas vom Institut für Experimentelle Psychologie der JLU erklärte: „Bisher wurden Augenbewegungen als einfache Reaktion auf das betrachtet, was vor uns geschieht. Aber neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass das nicht die ganze Geschichte ist: Augenbewegungen sind so einzigartig wie Persönlichkeitsmerkmale. Manche Menschen konzentrieren sich mehr auf Gesichter, während andere von Text oder anderen Elementen angezogen werden.“

Seine Kollegin Petra Borovska fügte hinzu: „Wir hatten angenommen, dass individuelle Sehgewohnheiten eine einzigartige ‚Welt‘ im Kopf jedes Menschen erschaffen. Jetzt wissen wir, dass das stimmt. Wir konnten sogar vorhersagen, wie unterschiedlich die Gehirnaktivitätsmuster zwischen Menschen sein würden, indem wir die Ähnlichkeit ihrer Augenbewegungen in einem separaten Experiment maßen.“

Quelle: DOI: 10.1073/pnas.2405602121