Sind Antidepressiva bei Demenz wirkungslos?

NAS | 09.08.2024

Depressionen und Demenz treten bei oft gemeinsam auf. Obwohl Antidepressiva als Behandlung empfohlen werden, ist deren Wirksamkeit in diesem Fall unklar: In einer Übersichtsarbeit konnten Forschende aus Bern und Ulm keinen Nachweis dafür finden, dass diese Medikamente depressiven Menschen mit Demenz helfen.
Demenz und Depressionen treten häufig gemeinsam auf. image.originalResource.properties.copyright

Fast jeder dritte Patient mit leichter bis mittelschwerer Demenz leidet gleichzeitig an einer schweren Depression. Die Behandlung ist jedoch schwierig: Die Wirksamkeit von Antidepressiva zur Behandlung von Depressionen bei Demenz ist nicht gut belegt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse von acht Studien mit 617 Patienten, die in der Fachzeitschrift „Psychiatry Research“ erschienen ist. Einige Studien deuten darauf hin, dass Antidepressiva die Symptome sogar noch verschlimmern könnten.

Diese Ungewissheit stehe im Widerspruch zur gängigen Praxis, bei der Antidepressiva bei schweren Depressionen älteren Menschen verschrieben werden, berichtet Dr. Eric Lenouvel von der Universitätsklinik für Alterspsychiatrie und Psychotherapie im schweizerischen Bern und Erstautor der Studie.

Strukturveränderungen im Gehirn als mögliche Ursache

„Das Fehlen einer eindeutigen Wirksamkeit könnte darauf hindeuten, dass eine Depression bei älteren Erwachsenen mit Demenz anders entsteht. Deshalb ist es wichtig, ältere Erwachsene gesondert zu untersuchen“, so Professor Carlos Schönfeldt-Lecuona, der die Studie koordiniert hat. Der Psychiater arbeitet in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III des Universitätsklinikums Ulm.  Eine Rolle dabei spielen möglicherweise Strukturveränderungen im Gehirn, die mit den verschiedenen Formen der Demenz einhergehen. Auch eine Fehlregulation von Botenstoffen im Gehirn, ein geänderter Stoffwechsel und eine veränderte Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke könnten als Ursache infrage kommen.

Hier ist weitere Forschungsarbeit notwendig – vor allem angesichts der alternden Bevölkerung und der zunehmenden Verbreitung von Demenz.

Quelle: DOI 10.1016/j.psychres.2024.116114