Schnurrende Gefährten: Warum Katzen Senioren so glücklich machen
22.11.2017
Wer eine Katze streichelt, streichelt die eigene Seele. Das kennt Hannelore Bauer (83) aus Bonn nur zu gut. Wenn sie ihre Hauskatze Mucki (14) liebevoll in den Armen hält und mit ihr schmust, ist es für sie mit das Höchste der Gefühle. Und wenn Mucki schnurrend um ihre Beine streift, schmilzt sie dahin. "Du bist froh, dass Du mich hast und ich bin froh, dass ich Dich habe", flüstert die Seniorin der Europäisch-Kurzhaar-Katze ins Ohr, während die es sich gerade bei ihr auf dem Schoß gemütlich macht. Seit ihrer Hüftoperation kommt die Seniorin nicht mehr so häufig wie früher vor die Tür. Darum freute sie sich umso mehr, als sich eine samtpfotige Mitbewohnerin bei ihr an kündigte.
Mucki und sie lernten sich über ein Projekt des Vereins Katzenschutz Bonn/Rhein-Sieg kennen. Unter dem Motto "Senioren für Senioren" vermitteln die Mitarbeiter gezielt – allerdings nur in der Region – ältere Tiere an ältere Menschen. Immer wieder werden ältere Katzen in den Tierheimen und Tierhilfe-Organisationen abgegeben. Entweder passen sie nicht mehr in die "Lebensplanung", ihre Besitzer müssen sie krankheitshalber abgeben oder ihr geliebter Mensch ist gestorben. »Es ist schwer, für alte Katzen ein neues Zuhause zu finden«, berichtet Susanne Busch vom Verein Katzenschutz. Der Verein nimmt darum die Tiere zurück, wenn es nach der Vermittlung Probleme gibt. Und bei kranken Tieren, die teure Medikamente brauchen, findet er auch eine Lösung. Dadurch sinkt die Hemmschwelle, sich probeweise auf ein Tier einzulassen.
Ruhig und verschmust
Ältere Samtpfoten und Senioren fühlen sich zu zweit wohler. Da die Lebenserwartung einer Katze 15 bis 20 Jahre beträgt, eignet sich ein älteres Tier besonders für Senioren. Es ist ruhiger und die Sturm- und Drangzeit ist vorbei.
Forscher fanden übrigens heraus, dass die bloße Anwesenheit eines Stubentigers die körperliche und seelische Gesundheit steigert. Eine schnurrende Katze zu streicheln, sorgt für einen lang sameren Puls und niedrigeren Blutdruck. Hausärzte stellten fest, dass Senioren mit Haustier weniger in die Praxis kommen als solche ohne Tier.
Auch Willy und Irmgard Krämer sind glücklich über ihre schon etwas ältere Perserkatze Püppi. Und das, obwohl diese schlecht hört und ein Bein nachzieht. "Wir können uns ein Leben ohne Haustiere nicht vorstellen", erzählt der Rentner. Darum sagte das Ehepaar sofort zu, als der Katzenschutzverein sie fragte, ob sie Püppi nehmen wollten. »Zuvor ist unsere andere Katze gestorben und ich habe sie sehr vermisst", erzählt Irmgard Krämer. Jetzt bürsten sie jeden Tag Püppis Fell und beide sind glücklich.
Durch Katzen mehr Freude am Leben
Umfragen bestätigen den Glückseffekt: 77 Prozent der befragten Katzenhalter haben durch die Mieze mehr Freude am Leben, sie vermittelt eine behagliche Atmosphäre (76 Prozent) und lenkt von Alltagsärgernissen ab (71 Prozent). Zudem verleitet sie zum Streicheln, Schmusen und Spielen. Schon Friedrich Schiller wusste: "Nur Menschen, die spielen können, sind noch wirklich Menschen."
Dass Tiere den Geist anregen und für neue Energie sorgen, bestätigen auch Betreuer in Seniorenheimen. Umso bedauerlicher ist es, dass nicht überall tierische Mitbewohner erlaubt sind.
Und: Gerade Senioren, die ihren Partner verloren haben, fühlen sich weniger allein und wieder gebraucht. Es gibt Gründe, aufzustehen, einzukaufen, manche lesen das eine oder andere Fachbuch über Katzen. Alles Aufgaben, die geistig und körperlich fit halten.
Ganz selbstlos sind die Vierbeiner jedoch nicht, auch sie profitieren vom Zusammenleben. Der englische Tierarzt und Verhaltensforscher Dr. Michael Fox hat ihre Reaktionen beim Streicheln gemessen. Positives Ergebnis: Auch ihr Pulsschlag verlangsamt sich, und die Muskeln entspannen merklich.
Alte Katzen für alte Menschen
Viele Tierheime geben allerdings keine Katzen mehr an ältere Menschen ab, da auch diese erkranken könnten. Dabei sind zuwendungsbedürftige Oldie-Katzen gerade bei älteren Menschen gut aufgehoben. Das Berufsleben ist abgehakt, die Kinder aus dem Haus, Freunde nicht mehr so mobil – da hat so mancher Senior wieder mehr Zeit und Ruhe und kann sich ausgiebig seiner Katze zuwenden, sie kraulen und verwöhnen.
Bevor Sie nun aber einen Stubentiger bei sich aufnehmen, denken Sie darüber nach, ob Sie in der Lage sind, regelmäßig selbst Futter zu kaufen oder das Tier zum Arzt zu bringen. Zudem ist es gut, jemanden zu haben, der sich bei Abwesenheit oder Krankheit um den Vierbeiner kümmert. Ist das alles sehr schwierig oder stehen häufigere Kur- oder Krankenhausaufenthalte an, empfiehlt es sich, auf eine Katze zu verzichten.
Narimaan Nikbakht