Gesundheit

Im Schlaflabor: Die gläserne Nacht

Natascha Koch  |  04.06.2022

Was genau passiert in einem Schlaflabor? Mit 16 Elektroden am Körper habe ich eine Nacht im Schlafmedizinischen Zentrum Marburg verbracht und gelernt, warum Schäfchen zählen beim Einschlafen nicht hilft.

Junge Frau, schläft.
Erholsamer Schlaf ist wichtig für die Gesundheit von Körper und Psyche.
© Sofiia Tiuleneva/iStockphoto

Wie wichtig Schlaf ist, merkt man oft erst dann, wenn er einem fehlt. Wer häufig schlecht schläft, ist am Tag müde, unkonzentriert, gereizt und kann sogar krank werden. Denn Schlaf hat für uns lebenswichtige Funktionen: Der Körper hat Zeit, sich zu erholen, das Immunsystem zu stärken und Energie für den nächsten Tag zu sammeln.  Was nachts nicht zur Ruhe kommt, ist unser Gehirn: Es verarbeitet, sortiert und speichert Informationen, die wir am Tag aufgenommen haben.

Jeder Vierte hat Probleme mit dem Schlaf

Doch viele Menschen in Deutschland haben Probleme mit dem Schlaf. Laut Robert Koch-Institut leiden etwa 25 Prozent unter einer Schlafstörung. Sie wälzen sich nachts im Bett, können nicht durchschlafen und wachen morgens wie gerädert auf. „Die meisten unserer Patienten leiden entweder unter Atempausen im Schlaf, sogenannten Apnoen, oder chronischen Ein- und Durchschlafstörungen, sagt Professor Dr. Ulrich Koehler, Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums in Marburg. Letztere hätten in den vergangenen Jahren stark zugenommen, vor allem bei jungen Menschen.

Die Ursachen dafür sind vielfältig: Stress, Prüfungsangst, Konflikte, ein unregelmäßiger Tagesrhythmus und ein falscher Umgang mit Licht können uns den Schlaf rauben. Aber auch körperliche Ursachen sind ein Grund für eine unruhige Nacht. Wer unter nächtlichen Atempausen leidet, steht im Schlaf stark unter Stress und wacht oft schweißgebadet, mit Herzrasen und Luftnot auf. „Langfristig haben diese Patienten ein höheres Risiko für Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck oder sogar Schlaganfälle und Herzinfarkte“, sagt Koehler.

Wenn  der Verdacht auf eine Schlafapnoe besteht oder die Ein- und Durchschlafprobleme über mehrere Wochen anhalten  und die Leistungsfähigkeit am Tag stark beeinträchtigt ist, dann ist eine schlafmedizinische Diagnostik im Schlaflabor sinnvoll. Aber wie genau läuft eine solche Untersuchung ab? Um das herauszufinden, habe ich eine Nacht im Marburger Schlaflabor verbracht.

Zum Schluss zeigt sie mir die Linie, die für sie am wichtigsten ist: Die Sauerstoffsättigung im Blut, die Hinweise auf eine Schlafapnoe gibt. Bei mir war sie stabil, bei vielen Patienten gibt es hier aber große Schwankungen, denn sie haben in der Nacht Atempausen. Sie bekommen dann eine spezielle Atemmaske, die in einer zweiten Nacht im Schlaflabor individuell eingestellt wird.

Nicht sofort den Kopf zerbrechen

Dass ich meinen Schlaf viel schlechter wahrgenommen habe, als er tatsächlich war, ist nicht ungewöhnlich. „Manche Patienten glauben, die ganze Nacht nicht geschlafen zu haben, dabei zeigt die Auswertung etwas völlig anderes“, sagt Schlafpsychologe Werner Cassel. Wichtig sei es, sich von einer schlechten Nacht nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. „Das muss man gelassen sehen und am nächsten Abend nicht mit dem Gedanken ‚heute muss ich unbedingt gut schlafen‘ ins Bett gehen, sagt Cassel. Denn dann bestehe die Gefahr, dass sich das Schlafproblem verselbstständigt. Eine so entstandene Schlafstörung wird erlernte oder psychophysologische Insomnie genannt und ist die häufigste Form der chronischen Schlafstörungen.

Aber was tun, wenn der Schlaf einfach nicht kommt? Schäfchen zählen? „Einem Bauer mit einer großen Herde mag es helfen, zur Entspannung die eigenen Schäfchen im Geiste zu zählen. Damit versichert er sich, dass alles in Ordnung ist. Wir haben dazu aber keinen Bezug“, erklärt Cassel. Was dann, aufstehen und bügeln? „Nein, denn wenn Sie aktiv werden und das Licht anmachen, glaubt Ihr Körper, die Nacht wäre vorbei“, sagt Cassel. Er empfiehlt, eine persönliche Gedankenreise zu unternehmen – zum Beispiel zurück zum letzten Urlaubstag. „Denn wenn der Geist im Leerlauf ist, fangen wir an zu grübeln, die Gedanken kreisen wieder um das Einschlafen und es wird nicht klappen“, sagt der Schlafexperte.

Wichtig sei auch zu verstehen, was normaler Schlaf ist. „Die meisten meiner Patienten wünschen sich acht Stunden festen Schlaf, ohne zwischendurch aufzuwachen. Hat man diesen Anspruch, kann man aber nur scheitern“, sagt Cassel. Schlaf heiße nicht, acht Stunden bewusstlos zu sein: Ein gesunder Mensch wache in der Nacht etwa 40 Mal auf und brauche 20 bis 40 Minuten zum Einschlafen. „Wer das weiß, kann seine Ansprüche zurückschrauben. Das hilft oft schon weiter“, so der Schlafpsychologe.  Auch ein Blick auf die Uhr kann in der Nacht viel Ärger und Stress verursachen. Deswegen: Einfach sein lassen.

Sein Ratschlag: Langfristig schlecht zu schlafen, braucht niemand hinnehmen. „Aber gleichzeitig gilt, sich nach ein oder zwei schlechten Nächten nicht sofort den Kopf über das Schlafen zu zerbrechen.“ Denn: Kontrolle über das Schlafen bekommt man nur, wenn das Grübeln darüber loslässt.

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