05.05.2011
Etwa jede zweite Arzneimittelpackung aus der Apotheke wird heute von Patienten im Rahmen der sogenannten Selbstmedikation, also ohne vorherigen Arztbesuch, erworben. Angesichts der bei einem Arztbesuch einmal pro Quartal fälligen Praxisgebühr wägen viele Patienten heutzutage bei geringfügigen Erkrankungen ab, ob ein Arztbesuch notwendig ist. Umfragen bestätigen, dass ein steigender Anteil der Bevölkerung zunächst versucht, sich mit rezeptfreien Medikamenten aus der Apotheke selbst zu behandeln. Diese Medikamente werden auch OTCs genannt (OTC = over the counter, über den Handverkaufstisch).
Die Bedeutung der Selbstmedikation ist mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) im Jahr 2004 gestiegen. Seitdem werden die meisten rezeptfreien Arzneimittel aus der Apotheke nicht mehr von den Krankenkassen erstattet, sondern müssen von den Patienten selbst bezahlt werden. Ärzte dürfen rezeptfreie Medikamente nur noch in Ausnahmefällen für Erwachsene ("OTC-Ausnahmeliste") sowie für Kinder bis zum 12. Geburtstag (bei Jungendlichen mit Entwicklungsstörungen bis zum 18. Geburtstag) zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnen.
Mit der Tendenz zur Selbstmedikation ist auch eine steigende Bedeutung der Apotheker als Heilberufler verbunden. Aufgabe der Apotheker ist es dabei unter anderem, die Eigendiagnose des Patienten zu hinterfragen, eine Gefährdung des Patienten durch die von ihm gewünschten Medikamente auszuschließen und dem Patienten gegebenenfalls die Grenzen der Selbstmedikation aufzuzeigen und einen Arztbesuch zu empfehlen. Eine im Jahr 2009 veröffentlichte Studie der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) belegte, dass "Erkrankung für Selbstmedikation ungeeignet", "Präparat im Einzelfall ungeeignet" und "Anwendungsdauer zu lang" zu den häufigsten arzneimittelbezogenen Problemen in der Selbstmedikation gehören. Durch die Lösung dieser und anderer Probleme tragen die Apotheker in entscheidender Art und Weise zur Arzneimittelsicherheit bei.
Ärzte können ihren Patienten rezeptfreie Arzneimittel empfehlen, indem sie ein Grünes Rezept benutzen. Selbiges wurde 2004 vom Deutschen Apothekerverband (DAV), dem Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH), dem Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) eingeführt. Den Patienten signalisiert eine Empfehlung auf dem Grünem Rezept, dass der Arzt die Anwendung des Arzneimittels aus medizinischer Sicht für notwendig erachtet. Gleichzeitig dient das Grüne Rezept den Patienten als Merkhilfe bezüglich Name, Wirkstoff, Darreichungsform usw. Außerdem kann es bei der Einkommenssteuererklärung des Patienten als Beleg für außergewöhnliche Belastungen eingereicht werden.