Magersucht (Anorexia nervosa)

Anorexia nervosa ist eine krankhafte Essstörung. Sie äußert sich durch eine starke selbst verursachte Gewichtsabnahme infolge einer strengen Diät oder Nahrungsverweigerung.

Was ist das? - Definition
Anorexia nervosa ist eine krankhafte Essstörung. Sie äußert sich durch eine starke selbst verursachte Gewichtsabnahme infolge einer strengen Diät oder Nahrungsverweigerung.

 

Wie wird es noch genannt? - Andere Bezeichnungen

  • Magersucht

Wie kommt es dazu? - Mögliche Ursachen
Magersucht ist eine psychosomatische Erkrankung; ihre genaue Ursache ist nicht bekannt. Vermutlich handelt es sich um eine Kombination aus seelischen und gesellschaftlichen Einflüssen, die zudem einer genetischen Veranlagung bedürfen, um zu dem Krankheitsbild zu führen. Magersucht kann ein Lösungsversuch für seelische Probleme sein; die Betroffen ersetzen Gefühle und Bedürfnisse durch ihr Essverhalten. Die Nahrungsverweigerung kann auch Ausdruck eines stummen Protestes sein. Bei jungen Mädchen spielt wahrscheinlich auch die Angst vor dem Erwachsenwerden und dem Frau-Sein eine Rolle. Familienkonflikte können die Krankheit zusätzlich vorantreiben. Ein anderer wesentlicher Grund ist wohl das in unserer Gesellschaft vorherrschende übertriebene Schlankheitsideal. Charakteristisch für die Betroffenen ist, dass sie ihren Körper falsch wahrnehmen, indem sie ihren Körperumfang stark überschätzen.

Wie macht es sich bemerkbar? - Symptome
Oft beginnt die Erkrankung im Anschluss an eine Diät: Die Betroffenen behalten die reduzierte Nahrungszufuhr einfach bei. Sie vermeiden energiereiche Nahrung und zeigen ein auffälliges Essverhalten: Sie brauchen selbst für geringste Essensmengen sehr lange und zerlegen die Speisen in kleinste Stücke. An gemeinsamen Mahlzeiten mit der Familie oder Freunden nehmen sie nicht mehr teil. Dagegen kochen sie aufwendig für andere - ohne selbst davon zu kosten. Durch die reduzierte Kalorienzufuhr kommt es zu einer starken Gewichtsabnahme. Diese wird dadurch beschleunigt, dass viele Magersüchtige körperlich sehr aktiv sind und bis zur Erschöpfung Sport treiben. Viele von ihnen nehmen Appetitzügler und Abführmittel ein.

Wie geht es weiter? - Verlauf und Komplikationen
Die Krankheit bewirkt seelische und körperliche Veränderungen. So leiden die Betroffenen geradezu unter panischer Angst, an Gewicht zuzunehmen. Oft sind sie stark reizbar, depressiv und leben gesellschaftlich isoliert. Für den Körper bedeutet der starke Gewichtsverlust und die Mangelernährung eine akute Notsituation. Er unterlässt alles, was zu einem weiteren Energieverlust führt. So bleibt bei jungen Frauen die Menstruation aus; bei sehr jungen Betroffenen verzögert sich die gesamte körperliche Entwicklung. Außerdem reagiert der Körper mit einem Absinken der Herzschlagfrequenz, des Blutdrucks und der Körpertemperatur. Andere mögliche Folgen sind Hautprobleme, eine flaumartige Behaarung des Rückens, Muskelschwäche, Haarausfall sowie Wassereinlagerungen im Gewebe. Auch der Mineralstoffwechsel ist gestört. Nehmen Magersüchtige viele Abführmittel ein, kann dies in eine Osteoporose münden.

Was kann noch dahinter stecken? - Krankheitsbilder mit ähnlichen Symptomen
Die Essstörungen Anorexie und Bulimie gehen fließend ineinander über und sind daher schwierig voneinander abzugrenzen.

Bearbeitungsstand: 23.07.2012

Quellenangaben:
Gruber, Christoph; Gruber Sarah, Pädiatrie, Elsevier (Urban & Fischer), (2010), 2. Auflage - Arolt, Reimer, Dilling, Basiswissen Psychiatrie und Psychotherpaie, Springer, (2011), 7. Auflage

Die Information liefert nur eine kurze Beschreibung des Krankheitsbildes, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Sie sollte keinesfalls eine Grundlage sein, um selbst ein Krankheitsbild zu erkennen oder zu behandeln. Sollten bei Ihnen die beschriebenen Beschwerden auftreten, wenden Sie sich an Ihren Arzt oder Apotheker.

Magersucht, Anorexie, Anorexia Nervosa: Behandlung

Magersucht (auch als Anorexie oder Anorexia Nervosa bezeichnet) ist eine Essstörung, der meist seelische Ursachen zugrunde liegen. Auch wenn viele Betroffene die Hoffnung haben, die Essstörung selbst in den Griff zu bekommen, ist eine therapeutische Behandlung sehr wichtig. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Magersucht chronisch wird oder nach einer symptomfreien Phase wiederkehrt.

Wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung bei Magersucht ist die Bereitschaft des Magersüchtigen, die Essstörung aufzugeben und sich behandeln zu lassen.

Die Behandlung der Magersucht hat zum Ziel, das Essverhalten und das Gewicht zu normalisieren und die mit der Erkrankung verbundenen psychischen Symptome und Schwierigkeiten zu behandeln.
Die Steigerung des Körpergewichts ist oberstes Ziel, um das Risiko körperlicher und seelischer Folgestörungen des Hungerns zu reduzieren.
Die Behandlung von Essstörungen kann stationär, tagesklinisch (teilstationär) oder ambulant erfolgen. Da eine Essstörung verschiedene Ursachen und Folgen haben kann, ist eine interdisziplinäre Behandlung sinnvoll, das heißt, in die Behandlung sollten verschiedene Fachleute einbezogen werden. Die Therapie sollte folgende Komponenten umfassen:

  • Psychotherapie
  • ärztliche Begleitung
  • ergänzende Maßnahmen:
    o Ernährungstherapie,
    o körperorientierte Methoden
    o Selbsthilfegruppen

Psychotherapie

Da es sich bei Magersucht um eine psychosomatische Erkrankung handelt, spielt die Psychotherapie in der Behandlung die größte Rolle. Zu Beginn der Behandlung von Anorexia nervosa geht es darum, die Patientin bei der Gewichtszunahme zu unterstützen. Im weiteren Verlauf sollen Problemlagen sowie Eigenschaften und Einstellungen (z.B. schlechtes Selbstwertgefühl) identifiziert werden, die die Entstehung der Magersucht begünstigt haben. Letztendlich soll an diesen Faktoren im Rahmen der Therapie gearbeitet werden.

Je nach Therapierichtung können verschiedene Herangehensweisen zum Einsatz kommen und verschiedene Schwerpunkte gesetzt werden. Psychodynamische Therapien haben zum Ziel, dem Betroffenen die Entstehungsbedingungen der Erkrankung vor Augen zu führen. Verhaltenstherapeutische und kognitive Richtungen stellen die Veränderung des konkreten Essverhaltens, die Einstellung zum eigenen Körper und den Umgang mit dem sozialen Umfeld in den Mittelpunkt.

Wichtige Bestandteile, die die meisten Behandlungsansätze berücksichtigen, sind zum Beispiel

  • das Gewicht und eine notwendige Gewichtszunahme
  • das Essverhalten
  • ungünstige Vorstellungen und Fehlannahmen
  • Selbstwert und Körperwahrnehmung
  • Entwicklung der Geschlechtsidentität
  • Umgang mit Gefühlen
  • Regulation von Nähe und Distanz in Beziehungen
  • familiäre Konflikte
  • eine starke Leistungsorientierung

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und Psychoanalyse.

Ärztliche Begleitung

Da eine Essstörung wie Magersucht schwere körperliche Folgen wie zum Beispiel Störungen der Fruchtbarkeit, Nierenerkrankungen oder Osteoporose haben kann, ist eine ärztliche Begleitung durch den Hausarzt oder einen Internisten fast immer erforderlich. Der begleitende Arzt diagnostiziert zunächst mögliche Begleiterkrankungen der Anorexia nervosa. Im weiteren Verlauf beobachtet und behandelt er mögliche medizinische Komplikationen der Essstörung. Zu den regelmäßigen Untersuchungen gehören zum Beispiel die regelmäßige Gewichtskontrolle und die Überprüfung der Laborwerte und der Herz- und Nierenfunktion.

Weitere Maßnahmen zur Ergänzung einer Psychotherapie

Zur Behandlung von Magersucht kommen weitere Maßnahmen infrage, die die Psychotherapie ergänzen können. Dazu gehören

  • Ernährungstherapie
  • körperorientierte Methoden
  • Selbsthilfegruppen

Ernährungstherapie

Als weiterer Baustein in der Behandlung von Magersucht kann neben der ambulanten Psychotherapie eine Ernährungstherapie sinnvoll sein. Im Rahmen der Ernährungstherapie lernen Magersüchtige, welche Nahrungsmenge ihrem Alter und ihrer Körpergröße angemessen ist und wie diese zusammengesetzt sein sollte. Ziel ist es, wieder ein normales Essverhalten zu erlernen. Bei einer stationären Behandlung (im Fall von schweren Essstörungen) ist die Ernährungstherapie fester Bestandteil der multimodalen (d.h. verschiedene Einzelelemente beinhaltende) Therapie. Als alleinige Maßnahme reicht eine Ernährungstherapie zur Behandlung von Essstörungen nicht aus.

Wenn Magersüchtige nicht in der Lage sind, selbstständig zu essen, besteht die Möglichkeit, sie über eine Magensonde zu ernähren. Dabei wird ein dünner Schlauch durch die Nase oder die Bauchdecke bis in den Magen geschoben. Über den Schlauch gelangt flüssige Sondennahrung in den Magen. Eine Magensonde kommt nur in kritischen Einzelfällen infrage, um kurzfristig einen ausreichenden Ernährungs- und Flüssigkeitsstand und eine angemessene Gewichtszunahme sicherzustellen. Eine längerfristige Ernährung über eine Magensonde ist nicht möglich.

Körperorientierte Methoden

Als körperorientierte Methoden bezeichnet man alle Behandlungsformen, bei denen der Körper im Fokus der therapeutischen Arbeit steht. Zu den körperorientierten Methoden zählen zum Beispiel

  • konzentrative Bewegungstherapie
  • Tanztherapie
  • Methoden zur Entspannung
  • Atem- und Sporttherapie

Körperorientierte Methoden können die psychotherapeutische Behandlung bei Magersucht ergänzen.

Selbsthilfegruppen

Der Besuch von Selbsthilfegruppen kann die Behandlung von Magersucht unterstützen beziehungsweise nach Beendigung der Therapie hilfreich sein. Hier können sich Magersüchtige über den Umgang mit der Erkrankung austauschen und Verständnis von anderen Betroffenen erfahren.

Klinik für Essstörungen

Wenn Magersüchtige stark untergewichtig sind, kann bei Magersucht eine stationäre Behandlung notwendig sein. Dies ist vor allem dann erforderlich, wenn eine hohe körperliche Gefährdung besteht, wenn weitere psychische Störungen vorliegen oder bestehende Essrituale schwer zu beeinflussen sind.
Der Aufenthalt in einer speziellen Klinik für Essstörungen oder einer entsprechenden Station im Krankenhaus kann zwischen wenigen Wochen bis hin zu mehreren Monaten dauern.

Bei Magersucht ist eine stationäre Behandlung im Krankenhaus oder einer Klinik für Essstörung angezeigt, wenn

  • ein schneller oder anhaltender Gewichtsverlust von mehr als 20 Prozent des Körpergewichts in einem Zeitraum von 6 Monaten besteht
  • Betroffene stark untergewichtig sind
  • eine ambulante Behandlung nicht erfolgreich war
  • soziale oder familiäre Einflussfaktoren bestehen, die gegen den Genesungsprozess sprechen (z.B. soziale Isolation, problematische familiäre Situation, unzureichende soziale Unterstützung)
  • starke psychische Begleiterkrankungen bis hin zu Suizidgedanken bestehen
  • eine schwere bulimische Symptomatik vorliegt, die man ambulant nicht in den Griff bekommt
  • eine körperliche Gefährdung oder Komplikationen eintreten
  • Magersüchtige eine geringe Krankheitseinsicht aufweisen
  • eine ambulante Behandlung der Magersucht zu wenig Strukturen in Bezug auf Einhaltung von Mahlzeiten, Essensmengen, Rückmeldungen zum Essverhalten und zur Motivation bieten kann
  • eine Behandlung durch ein multiprofessionelles Team mit einer Intensivtherapie notwendig ist

Eine stationäre Behandlung sollte in speziellen Einrichtungen oder einer Klinik für Essstörungen erfolgen, die ein multimodales Behandlungsprogramm für Magersüchtige anbieten.

In seltenen Fällen ist es aufgrund von lebensbedrohlichen Zuständen und fehlender Krankheitseinsicht der Patienten notwendig, eine Behandlung gegen den Willen der Magersüchtigen zu veranlassen. Zuvor sollte jedoch sichergestellt werden, dass alle anderen Möglichkeiten zur Behandlung ausgeschöpft sind.

© aponet.de

Letzte Aktualisierung: Dezember 2016

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