Katrin-Faßnacht-Lee
1. Überblick
Magersucht, auch Anorexie oder Anorexia nervosa genannt, zählt zu den Essstörungen und hat psychische Einflussfaktoren. Betroffene essen nur noch sehr wenig und kontrollieren ihre Nahrungsaufnahme extrem. Das führt zu schneller Gewichtsabnahme und starkem Untergewicht. Viele neigen außerdem dazu, übermäßig viel Sport zu treiben. Manche nehmen zusätzlich Abführmittel beziehungsweise Appetitzügler oder erbrechen nach der Nahrungsaufnahme. Mädchen und Frauen zwischen 12 und 35 Jahren erkranken etwa zwölfmal häufiger als Jungen und Männer. Unbehandelt steigt das Risiko, dass die Erkrankung lebenslang bestehen bleibt oder sogar zum Tod führt.
2. Symptome von Magersucht
Menschen mit Anorexie sind auffällig dünn. Häufig treten Knochen, Sehnen und Muskeln deutlich hervor. Der Body-Mass-Index, der sich aus Körpergröße und Gewicht berechnet, liegt unter 17,5 kg/m². Dennoch nehmen sich Betroffene selbst oft immer noch als zu dick wahr oder verleugnen die Gewichtsabnahme. Die Gedanken drehen sich oft ums Essen, die Figur oder die Waage. Viele ritualisieren ihre Nahrungsaufnahme stark, essen nur noch wenige (kalorienarme) Lebensmittel oder zu strikten Zeiten. Die Unterernährung kann die Entwicklung bei Heranwachsenden verzögern. Bei Mädchen und Frauen bleibt häufig die Regelblutung aus. Jungen und Männer leiden mitunter unter Potenzverlust.
3. Verlauf von Magersucht
Magersucht beginnt meist während der Pubertät, manchmal auch bereits davor. Da Betroffene ihr Essverhalten nicht „einfach“ ändern können, bleibt die Erkrankung unbehandelt oft über viele Jahre bestehen und kann sogar zum Tode führen. Die Unterernährung bringt viele negative Begleiterscheinungen – sowohl auf körperlicher als auch psychischer Ebene – mit sich. Dazu gehören unter anderem Entwicklungsstörungen, Knochendichteminderung, Haarausfall, Nährstoffmangel oder Zahnschäden (bei selbst herbeigeführtem Erbrechen). Während sich Betroffene in der Anfangsphase der Erkrankung oft gut und sogar euphorisch fühlen, entwickeln sich im Verlauf oft depressive Stimmungslagen, zwanghafte Verhaltensweisen oder Reizbarkeit.
Ein möglichst früher Behandlungsbeginn erhöht die Heilungschancen. Allerdings zeigen viele nur eine geringe oder keine Krankheitseinsicht. Daher ist es wichtig, gegenüber den eigenen Kindern, Angehörigen oder Freunden aufmerksam zu sein und diese für eine Therapie zu motivieren. Untersuchungen zeigen eine Heilungsrate von knapp 50 Prozent im Rahmen einer Behandlung. Bei weiteren 30 Prozent verbessert sich die Symptomatik, bei rund 20 Prozent bleibt die Erkrankung bestehen. Bei Betroffenen mit Krankheitsbeginn vor dem 17. Lebensjahr hat sich die Prognose in den letzten Jahren deutlich verbessert und scheint in den meisten Fällen günstiger zu sein als bei Erwachsenen.
4. Ursachen von Magersucht
Magersucht entsteht nicht aus einem einzigen Grund. Meist wirken biologische, psychische und Umweltfaktoren zusammen. So spielt zum einen die Vererbung eine Rolle. Aber auch zunächst bestehendes Übergewicht und damit verbundene Diäten können die Entstehung einer Essstörung begünstigen. Das stark schlankheitsbetonte Schönheitsideal der westlichen Lebenswelt kommt ebenfalls zum Tragen. Gerade Teenager vergleichen sich stark und eifern oft diesem Ideal nach. Aber auch persönliche Merkmale und Entwicklung können die Entstehung begünstigen: etwa, wenn Menschen sehr ängstlich oder perfektionistisch sind, beziehungsweise zu zwanghaftem Verhalten neigen. Belastende Situationen wie Konflikte in der Familie, Mobbing oder der Tod eines nahestehenden Menschen können zum Ausbruch einer Essstörung beitragen.
5. Diagnose von Magersucht
Als erste Ansprechpartner eigenen sich Kinder- oder Hausärzte, psychotherapeutische Praxen und auf Essstörungen spezialisierte Beratungsstellen. Die Diagnose stellen Arzt und Psychotherapeut. Dazu gehören neben einem ausführlichen Gespräch (Anamnese) und dem Ausfüllen von Fragebögen auch die Bestimmung des Body-Mass-Index sowie verschiedene körperliche Untersuchungen. Zum Beispiel:
- Blut und Urin
- Blutdruck, Körpertemperatur, Durchblutung
- Herzfunktion
- Leber und Niere
6. Behandlung von Magersucht
Im Zentrum steht zunächst die Behandlung der akuten Symptome. Wichtig ist, dass Patientinnen und Patienten an Gewicht zunehmen und wieder ein gesundes Essverhalten erlernen. Das geschieht in kritischen Einzelfällen zeitweise über eine Magensonde. In lebensbedrohlichen Zuständen kann auch eine Zwangseinweisung erfolgen. Die wichtigste Behandlungssäule ist die Psychotherapie. Neben dem Erlernen eines gesunden Essverhaltens ermöglicht diese auch, weitere Probleme zu identifizieren und anzugehen, die die Essstörung begünstigen. Auch die Behandlung von begleitenden Erkrankungen wie etwa Depressionen oder Angststörungen spielt eine Rolle. Zur Therapie gehört ebenfalls eine Ernährungstherapie. Betroffene lernen hier wieder, ausreichende Nahrungsmengen in gesunder Zusammensetzung zu sich zu nehmen.
Die Behandlung kann ambulant in Form von regelmäßiger Psychotherapie erfolgen. Verschlechtert sich die Situation oder kommt es zu keiner Besserung, gibt es die Möglichkeit, dass Patientinnen und Patienten in Tageskliniken oder stationär in einer Klinik noch intensiver betreut werden. Viele Betroffenen fällt es auch nach erfolgter Behandlung noch schwer, ihr Verhalten dauerhaft umzustellen. Gerade in Belastungssituationen kommt es auch zu Rückfällen. Daher ist eine gute Nachsorge wichtig.
7. Was die Apotheke rät
Eine Magersucht ist eine schwere und ernstzunehmende Erkrankung. Wer sich bei den eigenen Kindern, Freunden oder Verwandten Sorgen macht, dass eine Essstörung vorliegt, sollte dies ansprechen. Zu den möglichen Anlaufstellen gehören Kinder- oder Hausärzte, psychotherapeutische Praxen und auf Essstörungen spezialisierte Beratungsstellen.
Besteht im Rahmen einer Magersucht ein nachgewiesener Nährstoffmangel (etwa bei Zink, Calcium oder Vitamin D) kann das Team in der Apotheke zu geeigneten Nahrungsergänzungen beraten.
8. Magersucht kurz zusammengefasst
- Menschen mit Magersucht sind sehr dünn, essen kaum und kontrollieren stark ihr Essverhalten und Gewicht. Um weiter abzunehmen, treiben sie teilweise viel Sport, nehmen Abführmittel oder führen Erbrechen herbei.
- Betroffen sind größtenteils Mädchen und Frauen, aber auch manche Männer entwickeln eine Magersucht. Der Beginn der Erkrankung fällt häufig in die Pubertät.
- Magersucht ist eine ernstzunehmende Essstörung mit vielen negativen gesundheitlichen Folgen bis hin zum Tod. Betroffene neigen dazu, die Symptome abzustreiten und eine Behandlung abzulehnen.
- Je früher die Krankheit erkannt und behandelt wird, desto besser die Heilungschancen. Wer sich Sorgen macht, sollte die Betroffenen ansprechen und sie zu einer Therapie motivieren.
- Hauptbehandlungsmethode der Magersucht ist eine Psychotherapie begleitet von einer Ernährungsberatung. Die Behandlung kann ambulant oder stationär erfolgen.
Zuletzt aktualisiert: 25.09.2024
Quellen