26.11.2019
Das Konzept des Power Posing wurde populär, nachdem eine Studie aus dem Jahr 2010 gezeigt hatte, dass ausdrucksstarke, raumgreifende Körperhaltungen den Stresspegel senken und Testosteronspiegel steigern können. Beides soll dazu beitragen, dass man sich kraftvoll und risikobereit fühlt. Marcus Credé, außerordentlicher Professor für Psychologie an der Iowa State University, hält dagegen, dass es keine einzige Studie gibt, die diese Behauptung stützt.
Studienlage mangelhaft
Schon kurz nach der Veröffentlichung der Originalstudie wurde Kritik laut, weil die Ergebnisse nicht reproduziert werden konnten. Im vergangenen Jahr schoben die Forscher Ergebnisse nach, die ihre Behauptungen untermauern sollten. Credé hat in den Studien zum Power Posing aber einen signifikanten Fehler festgestellt: Die Machtposen wurden nur mit solchen verglichen, die dazu in krassem Gegensatz standen, etwa schlaffe und „lümmelnde“ Körperhaltungen. Ein Vergleich mit neutralen Körperhaltungen gab es nicht.
Credé bemängelt, dass der gemessene Effekt auch durch die schlaffen Körperhaltungen erzeugt worden sein könnte, da man bereits weiß, dass solche Posen zu einem schlechten Gefühl beitragen. Er findet es erstaunlich, dass viele Forscher an diesem Thema gearbeitet haben, ohne sich diese Frage gestellt zu haben. Zudem sei es beeindruckend, wie viele Menschen das Konzept übernommen haben: Ein Vortrag über Power Posing wurde mehr als 70 Millionen Mal angesehen und ein Buch über das Thema stand auf der Bestseller-Liste der New York Times.
Nur nicht hängen lassen
„Es hat buchstäblich nie eine Studie gegeben, in der eine Power-Pose mit einer normalen Pose verglichen und ein positiver Effekt für eine Power-Pose festgestellt wurde“, sagte Credé. „Ich finde das ziemlich beeindruckend, weil eine Multimillionen-Dollar-Industrie auf Power-Posing aufgebaut ist. Das wäre, als ob ein Medikament an die Öffentlichkeit verkauft wird, ohne dass eine einzige Studie jemals gezeigt hat, dass das Medikament besser wirkt als keine Behandlung oder ein Placebo.“
Bei der näheren Betrachtung von knapp 40 wissenschaftlichen Studien zu dem Thema kommt er zu dem Ergebnis, dass lediglich schlaffe Körperhaltungen vermieden werden sollten. Diese Erkenntnis sei jedoch nicht neu - schon Lehrer in der Grundschule ermahnen ihre Schüler, „sich nicht hängen zu lassen.“
ZOU