01.08.2020
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass bis zu 50 Prozent aller in Entwicklungsländern vertriebenen Arzneimittel gefälscht sind. Doch aufgrund des gestiegenen Handelsvolumens von Arzneimitteln über das Internet steigt auch hierzulande das Risiko, an Fälschungen zu geraten. Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz, Leiter des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker (ZL), informierte auf einer Presseveranstaltung, wie die Situation in Deutschland momentan einzuschätzen ist.
So wie Geldfälscher am liebsten große Scheine drucken, weil dabei der höchste Profit zu erzielen ist, geben sich auch Arzneimittelfälscher nicht mit kleinen Fischen zufrieden. "Sie konzentrieren sich auf Markenprodukte, die weltweit bekannt und verbreitet sind", erklärte Schubert-Zsilavecz. Dazu zählen vorzugsweise sogenannte Lifestyledrugs wie Potenz- oder Haarwuchsmittel, aber auch AIDS- und Krebsmedikamente oder Antibiotika.
Häufig kein Wirkstoff enthalten
Fälschung ist jedoch nicht gleich Fälschung: Die Palette reicht von Präparaten in gefälschter Verpackung bis zu solchen, die keinerlei Wirkstoff enthalten. Letztere machen mit 60 Prozent den Löwenanteil der Fälschungen aus, sagte der Wissenschaftler. Weitere 16 Prozent kommen mit einem falschen Wirkstoff in den Handel und 17 Prozent mit falscher Wirkstoffmenge. Für den ahnungslosen Verwender oft mit drastischen Folgen, wie zahlreiche Todesfälle wegen gefälschter Antibiotika in den USA oder wegen falscher Impfstoffe in Afrika belegen.
Sicherheit durch Vertrieb über Apotheken
"Die Situation in Deutschland ist momentan noch hervorragend", befand Schubert-Zsilavecz. Das hiesige System der Arzneimittelabgabe mit transparenten Vertriebswegen über Großhandel und Apotheken mache es den Fälschern schwer, ihre Ware in Umlauf zu bringen. Bisher wurden lediglich Einzelfälle bekannt.
Als größte Gefahrenquelle nennt er den Bezug von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln über ausländische Internetapotheken. Das zeige unter anderem eine Untersuchung seines Instituts, des ZL in Eschborn. Mitarbeiter hatten testweise ein verschreibungspflichtiges Haarwuchsmittel bei verschiedenen Online-Versendern aus dem Ausland geordert – mit besorgniserregenden Ergebnissen.
Die Präparate wurden vielfach ohne gesetzlich vorgeschriebene Verpackung offen in Plastiksäckchen verschickt. Oft fehlte der Beipackzettel, oder es lag nur eine fremdsprachige Version bei. Überdies erwies sich knapp die Hälfte der gelieferten Präparate als gefälscht. Schubert-Zsilavecz: "Der Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln aus dem Ausland sollte aus Verbraucherschutzgründen komplett verboten werden. Ich kann nur davor warnen, Arzneimittel auf diesem Wege zu bestellen."
Die Präparate wurden vielfach ohne gesetzlich vorgeschriebene Verpackung offen in Plastiksäckchen verschickt. Oft fehlte der Beipackzettel, oder es lag nur eine fremdsprachige Version bei. Überdies erwies sich knapp die Hälfte der gelieferten Präparate als gefälscht. Schubert-Zsilavecz: "Der Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln aus dem Ausland sollte aus Verbraucherschutzgründen komplett verboten werden. Ich kann nur davor warnen, Arzneimittel auf diesem Wege zu bestellen."