23.04.2018
Fast alle Diabetespatienten können am Straßenverkehr teilnehmen, sowohl im Privat-Pkw als auch beruflich als Busfahrer, im Lastwagen oder Taxi. Das ist die zentrale Aussage der Leitlinie. Sie widerlegt die häufig vertretene Meinung, insulinpflichtige Patienten könnten nicht mehr als Busfahrer oder Lkw-Fahrer arbeiten oder ein hoher Langzeitblutzuckerwert stelle einen Grund zur Verweigerung des Führerscheins dar. „Nach allen verfügbaren Untersuchungen ist die Unfallhäufigkeit bei Menschen mit Diabetes nur unwesentlich erhöht“, sagt Professor Dr. Reinhard Holl von der Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG). „Ein hoher HbA1c-Wert an sich ist kein Grund für ein Fahrverbot, eine Insulintherapie auch nicht“, so der Forscher der Universität Ulm.
Allerdings gibt es auch Fälle, in denen eine Fahruntauglichkeit vorliegt. Zu diesen zählen eine unbehandelte Schlaf-Apnoe oder wiederholte schwere Unterzuckerungen. „Bei zwei schweren Unterzuckerungen im Wachzustand innerhalb eines Jahres darf man zunächst nicht mehr Auto fahren“, sagt Holl. Es gebe jedoch auch Möglichkeiten, die Gefahr von Unterzuckerungen zu verringern und die Fahrtauglichkeit damit wiederzuerlangen – etwa durch eine Medikamenten-Umstellung, Wahrnehmungsschulungen oder eine kontinuierliche Glukosemessung mit akustischer Warnfunktion. Eine vorübergehende Fahruntauglichkeit liegt bei schweren Stoffwechselentgleisungen, in der Einstellungsphase auf Insulin, aber auch bei anderen wichtigen Therapieumstellungen oder Dosisänderungen vor. Sie gilt, bis der Blutzuckerstoffwechsel stabil ist. „Jeder Insulinpatient sollte vor Fahrtantritt den Blutzucker messen und schnellwirkende Kohlenhydrate etwa in Form von Traubenzucker im Auto griffbereit haben“, sagt Holl.
Die S2-e-Leitlinie „Diabetes und Straßenverkehr“ wurde auf Initiative der DDG mit anderen Fachgesellschaften und Verbänden auf der Grundlage sämtlicher verfügbarer wissenschaftlicher Daten erstellt. Sie gilt bis zum 30. November 2022 und ist im Internet veröffentlicht.
DDG/ HH