10.05.2019
Zuschauer reagieren belustigt oder genervt, wenn manche Tennisprofis beim Schlag laut stöhnen. Profis wie Martina Navratilova fühlen sich dadurch aber zum Teil irritiert und benachteiligt. Die ehemalige Weltranglistenerste meint, das Stöhnen würde das Schlaggeräusch übertönen und damit die Vorhersage der Flugbahn auf unfaire Weise erschweren. Ein Team der Universität in Jena hat nun untersucht, ob das stimmt.
Indem sie die Lautstärke des Stöhnens in Videoaufnahmen manipuliert haben, hat das Team um Dr. Florian Müller und Prof. Dr. Rouwen Cañal-Bruland aus dem Institut für Sportwissenschaft der Friedrich-Schiller-UniversitätJena untersucht, ob es sich auf die Erwartung erfahrener Tennisspieler auswirkt. Tatsächlich nahmen diese an, dass der Ball umso weiter fliegen würde, je lauter das Stöhnen war. Trotzdem ließen sich die „Gegenspieler“ nicht irritieren und konnten die Richtung der Flugbahn sehr genau vorhersagen, d. h. ein allgemeiner Ablenkungseffekt war durch das Stöhnen nicht zu beobachten.
„Wir nehmen an, dass Spielerinnen und Spieler die physiologischen Vorteile berücksichtigen, die das Stöhnen ermöglicht,“ sagte Müller, denn ein starkes Ausatmen aktiviert die Bauchmuskulatur, wodurch mehr Kraft freisetzt wird, die härtere Schläge und höhere Ballgeschwindigkeiten erlaubt. Die Autoren schlussfolgern, dass Tennisspieler so ihre Gegner theoretisch gezielt in die Irre führen könnten, indem sie harte Schläge mit leisem und weiche mit lautem Stöhnen begleiten.
Offenbar sind neben dem Sehen auch andere Sinneseindrücke im Tennis von Bedeutung, die von der Wissenschaft stärker berücksichtigt werden sollten. Deshalb will das Team am Ball bleiben und das Phänomen – möglichst unter realen Bedingungen auf dem Platz – weiter untersuchen.
ZOU