Die richtige Nadel - eine für alle?

Für Diabetiker, die Insulin brauchen, gehört die Injektion zum Alltag. Welche Rolle dabei die Nadellänge spielt, verrät Professor Dr. Karsten Müssig vom Deutschen Diabetes-Zentrum in Düsseldorf.

Frau spritzt sich Insulin in eine Bauchfalte
© Dmitry Lobanov - Fotolia

Die Hautdicke ist bei den meisten Menschen ähnlich und beträgt etwa zwei Millimeter. Würden daher kurze Nadeln für alle reichen?

Müssig: Die Ergebnisse zahlreicher Untersuchungen belegen, dass sich kürzere Nadeln hinsichtlich Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit nicht von den längeren unterscheiden. Im Gegenteil, die teilnehmenden Patienten berichteten weniger häufig von Schmerzen bei der Injektion mit den kürzeren Nadeln und bevorzugten diese deshalb.

Wer benötigt längere Nadeln?

Müssig: Selbst bei übergewichtigen und adipösen Patienten ist die Hautdicke nur geringfügig breiter als bei Normalgewichtigen. In Übereinstimmung damit konnte in mehreren Studien nachgewiesen werden, dass kürzere Nadeln auch bei übergewichtigen und adipösen Patienten sicher und verträglich sind. Nicht zuletzt aufgrund dieser Erkenntnisse gibt es keinen medizinischen Grund für die Empfehlung von Nadeln länger als acht Millimeter bei Erwachsenen sowie von Nadeln länger als sechs Millimeter bei Kindern und Jugendlichen.

Welche Probleme kann es geben, wenn die Nadel zu kurz oder lang gewählt wird?

Müssig: Bei der Wahl zu langer Nadeln besteht die Gefahr einer intramuskulären Injektion. Versehentliche Injektionen in den Muskel können schwankende Blutzuckerwerte und ein erhöhtes Risiko für schwere Unterzuckerungen (Hypoglykämien) zur Folge haben. Bei der Wahl einer zu kurzen Nadel wäre es denkbar, dass das Insulin in die Haut gespritzt wird, also intradermal. Mögliche Folgen wären vermehrte Schmerzen und ein Rückfluss aus der Eintrittsstelle. Allerdings wurden diese Nebenwirkungen in den Studien, die kürzere gegen längere Nadeln verglichen, nicht beobachtet.

In welchen Fällen muss man eine Hautfalte formen und in diese spritzen?

Müssig: Die Bildung einer Hautfalte vermindert bei längeren Nadeln oder sehr schlankem Körperbau die Gefahr für eine Injektion des Insulins in die Muskeln. Die Hautfalte sollte vorsichtig mit drei Fingern angehoben werden, ohne dass die Muskulatur mit angehoben wird. Bei Kindern und Jugendlichen sollte ab einer Nadellänge von fünf Millimeter, und bei Erwachsenen ab einer Nadellänge von sechs Millimeter eine Hautfalte gebildet werden.

Warum ist es so wichtig, Spritzort und Nadel regelmäßig zu wechseln?

Müssig: Spritzort und Nadel sollten regelmäßig gewechselt werden, da sonst eine sogenannte Lipohypertrophie droht. Dabei handelt es sich um Verhärtungen im Unterhautfettgewebe. Neben dem störenden kosmetischen Aspekt kann es zu starken Blutzuckerschwankungen kommen, da das Insulin unvorhersagbar aus den Verhärtungen freigesetzt wird. Die Nadel darf deshalb nur einmal verwendet werden, weil sie sich verformen und so Hautschäden begünstigen kann. Die Injektionenen sollten entsprechend eines Rotationsplanes vorgenommen werden, um nicht einzelne Hautpartien zu stark zu belasten.

Sollte man die Nadel schräg oder gerade einstechen?

Müssig: Normalerweise sollte die Injektion im 90-Grad-Winkel zur Hautoberfläche, also senkrecht, erfolgen. Um intramuskuläre Injektionen zu vermeiden, ist bei längeren Nadeln, alternativ zur Hautfaltenbildung, eine Injektion im 45-Grad-Winkel möglich.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Dr. Frank Schäfer.

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