Gallensteine

Datteln im Speckmantel, Aioli, Gambas in Knoblauchöl, ein gutes Glas Wein – auch wenn Marion P. (45) sonst eher eine fettarme Gemüseküche bevorzugt, beim gemütlichen Schlemmen mit Freunden darf das Menü ausnahmsweise etwas üppiger ausfallen. "Plötzlich war ich wie abgefüllt", erzählt sie. "Mir war schlecht. Und der Verdauungsschnaps hat alles noch schlimmer gemacht."

An Schlaf war in der Nacht nicht zu denken. "Ich konnte nicht sitzen und nicht liegen vor Schmerzen", berichtet sie weiter. "Sie waren wie Wehen." Beim Herumgehen in der Wohnung wurde es etwas besser. Erst ein Schmerzmittel brachte deutliche Linderung und erschöpften Schlaf. Am nächsten Morgen war alles vorbei – für Monate, und Marion P. dachte nicht weiter darüber nach. Bis es zum zweiten Mal losging. Eine Ultraschalluntersuchung beim Hausarzt zeigte die Ursache: Gallensteine. "Die Symptome sind typisch für eine Gallenkolik", erklärt Professor Dr. med. Peter Malfertheiner, Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie der Otto-von Guericke-Universität in Magdeburg. "Oft tritt dabei zusätzlich Erbrechen auf." Häufig trifft es Frauen über 40 Jahre mit ausgeprägtem "Hüftgold". Die ungewohnt fettreiche Mahlzeit hat den Gallensaft samt der Steine in Fluss gebracht.

Rund und dunkelbraun wie eine Muskatnuss

Zwei Wochen später stand der Übeltäter bereits in einem verschraubten Becher auf Marion P´s Schreibtisch. Fast wie eine Muskatnuss sieht er aus, rund und dunkelbraun. Ihre Nachbarin Vera (58) betrachtet ihn skeptisch. "Meine sehen ganz anders aus", wundert sie sich und holt ihre Steine. Sie sind viel kleiner, heller und irgendwie eckiger. Und es sind viele.

"Es gibt drei Arten von Gallensteinen", erläutert Malfertheiner. "Helle, kleine Steine bestehen vorwiegend aus Cholesterin, dunkle, meist größere und härtere Pigmentsteine und gemischte Steine zusätzlich auch aus Gallenfarbstoffen oder Eiweißen." Ihre gemeinsame Ursache: ein Ungleichgewicht zwischen den Bestandteilen der Gallenflüssigkeit. Zuerst bilden sich unsichtbare Kristalle. Sie wachsen nach und nach zu Gallengrieß oder -steinen. Auch bakterielle Entzündungen der Gallenblase, die von den Patienten meist gar nicht bemerkt werden, können zur Entstehung beitragen.

"Kleine Steine verursachen häufiger Beschwerden als große", informiert Malfertheiner. "Koliken durch große Steine sind stärker, treten jedoch seltener auf." In Wellen fluten die Schmerzen an und wieder ab. Manchmal dauern sie nur wenige Minuten. Bei Marion P. waren es mehrere Stunden. Die Schmerzen können vom rechten Oberbauch in die Schulter und den Rücken ausstrahlen. Mit einem krampflösenden Mittel, das den Wirkstoff Butylscopolamin enthält, lassen sie sich lindern. "Es sollte in keiner Hausapotheke fehlen", rät der Spezialist. Ein Fall für den Notarzt sei man trotz der starken Schmerzen meistens nicht, beruhigt er. Doch sollte man bald beim Hausarzt die Ursache klären lassen.

"Stumme" Steine bleiben drin

Häufig ahnen die Besitzer lange Zeit nichts von ihren Steinen. "Erst wenn Koliken auftreten, müssen die Steine samt Gallenblase raus", erklärt der ­Experte. So lange die Steine stumm sind, bleiben sie drin. "Eine Ausnahme bilden Steine, die größer als drei Zentimeter sind. Sie können das Risiko für Gallenblasentumoren erhöhen. Deshalb entfernt man sie mittlerweile auch." Veras Operation liegt schon einige Jahre zurück. "Sooo einen langen Schnitt haben sie gemacht", zeigt Vera mit den Händen. Marion staunt. Sie hat vier kleine Narben auf dem Bauch: Schlüssellochchirurgie.

"Wer der Gallenblase Gutes tun will, sollte sein Körpergewicht vermindern", rät Malfertheiner. "Aber langsam. Das ist wichtig!" Bei Extrem-Diäten produziert der Körper zunächst die gewohnte Menge Gallenflüssigkeit. Aber er benötigt sie nicht mehr, und so dickt sie in der Gallenblase langsam ein. "Regelmäßige Mahlzeiten wirken der Bildung von Gallensteinen entgegen", erläutert er weiter. Dann gibt die Gallenblase immer ein wenig von ihrem Inhalt ab, die Galle bleibt im Fluss. Gut trainiert entleert sie sich teilweise auch zwischen den Mahlzeiten. "Sie übernimmt dabei Hausmeisterfunktion", so Malfertheiner. "Und dient damit der Selbstreinigung des Darmes."

Also: Lieber etwas regelmäßiger, aber mäßig tafeln.

Das tut der Gallenblase gut und beugt Steinen vor:

  • Regelmäßige Mahlzeiten senken das Risiko für Steine und Koliken der Gallenblase.
  • Kleine Zwischenmahlzeiten sorgen dafür, dass sich die Gallenblase leicht kontrahiert und sich etwas entleert.
  • Weniger Cholesterin in der Ernährung senkt auch den Cholesterinanteil im Gallensaft.
  • "Hausmeister" Gallenblase: Sie kehrt vor ihrer eigenen Tür, indem sie auch zwischen den Mahlzeiten geringe Mengen Gallenflüssigkeit abgibt. Das reinigt den Darm auf natürliche Weise.
  • Rasche Gewichtsabnahme vermeiden. Sie erhöht das Gallensteinrisiko.
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