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15.01.2020
Nahezu jede zweite der Arzneimittelpackungen, die Apotheker ihren Kunden aushändigen, gehört in den Bereich der Selbstmedikation. Diese Arzneimittel unterliegen in der Regel der Apothekenpflicht, man benötigt für sie kein Rezept des Arztes. Doch bei Bedarf konnte der Arzt solche Arzneimittel früher zulasten der gesetzlichen Krankenkassen verschreiben. Seit 2004 geht das – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nicht mehr. So bestimmt es das GKV-Modernisierungsgesetz, um zugunsten der Krankenkassen Geld zu sparen. Das Gesetz betrifft nicht nur zahlreiche bewährte synthetische Arzneistoffe, sondern vielfach auch solche pflanzlichen Ursprungs.
Gut verträglich und doch hoch wirksam
Fachleute sehen diese Sparmaßnahme mit gemischten Gefühlen. Denn die in der Apotheke rezeptfrei über den Handverkaufstisch gehenden OTC-Arzneimittel (over the counter = OTC) gelten zwar insgesamt als gut verträglich – ein wichtiger Grund, sie aus der Rezeptpflicht zu entlassen – aber es bleiben doch hochwirksame Arzneimittel mit möglichen Wechsel- und Nebenwirkungen. Für den Patienten ist daher eine ausdrückliche ärztliche Empfehlung sowie eine gute apothekerliche Beratung sehr hilfreich.
Um sie zu erleichtern, haben der Deutsche Apothekerverband, der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller und der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie 2004 das Grüne Rezept eingeführt. Es sieht ähnlich wie das rot geränderte Rezept aus. Der Arzt hält auch auf dem Grünen Rezept wichtige Informationen über ein von ihm aus medizinischer Sicht empfohlenes Arzneimittel fest. Der Apotheker kann zu dem Präparat dann gezielt beraten. Monika Koch, Vorsitzende des Sächsischen Apothekerverbandes e. V., dazu: "Rezeptfreie Medikamente sind wirksam und gut verträglich. Seit einigen Jahren werden sie aber nicht mehr von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Mit dem Grünen Rezept kann der Arzt seinen Patienten individuell passende rezeptfreie Arzneimittel empfehlen. Wir Apotheker begrüßen das Grüne Rezept, weil die arztgestützte Selbstmedikation die Behandlung verbessern kann."
Gezielte Beratung verhindert Wechselwirkungen
Wie wichtig gezielte Beratung zu OTC-Arzneimitteln ist, zeigt unter anderem das Beispiel Kopfschmerzmittel: Regelmäßig und täglich angewendet verursachen sie möglicherweise selbst anhaltende Kopfschmerzen. Hier braucht der Patient unter anderem Tipps zur richtigen Dosis und Einnahmedauer. Ein anderes Beispiel aus dem Bereich pflanzlicher Medikamente: die gegen leichte und mittelschwere Depressionen eingesetzten, sehr gut verträglichen Präparate mit Johanniskraut-Extrakt. Sie schwächen unter anderem die Wirkung des Arzneistoffs Omeprazol ab, der gegen Magenübersäuerung hilft. Daher sollte man nicht beides zugleich einnehmen. Auf solche Wechselwirkungen weisen Apotheker hin.