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28.05.2024
Eine Herzinsuffizienz wird häufig für harmlos gehalten. Dabei ist sie bei Menschen über 65 Jahren der häufigste Grund für eine Krankenhauseinweisung und die Sterberate (Mortalität) liegt höher als bei vielen Krebskrankheiten. Herzschwäche sei in vielen Fällen jedoch gut zu behandeln: „Wir haben Medikamente, die die Mortalität sehr gut senken können, wir müssen sie nur einsetzen“, sagte Dr. Dirk Westermann, Professor für Innere Medizin mit Schwerpunkt Kardiologie am Universitäts-Herzzentrum Freiburg/Bad Krozingen während seines Vortrags beim pharmacon, einem Fortbildungskongress für Apothekerinnen und Apotheker.
4 Säulen der medikamentösen Therapie
Das gilt vor allem für Menschen, bei denen die Auswurfleistung des Herzens, die sogenannte Ejektionsfraktion, beeinträchtigt ist. Bei ihnen pumpt das Herz nicht stark genug, so dass nicht genug sauerstoffreiches Blut in den Kreislauf gelangt. In diesem Fall basiert die Therapie heute auf vier Säulen:
- ACE-Hemmer (Angiotensin Converting Enzyme) oder ARNI (Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor (ARNI), (optional:) eine Wirkstoffkombination, die neben einem Angiotensin-Rezeptor-Blocker zusätzlich einen Neprilysin-Inhibitor enthält.
- Betablocker blockieren sogenannte Betarezeptoren im Körper
- MRA (Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten)
- SGLT2-Inhibitoren sind ursprünglich Antidiabetika, sie können aber auch bei Herzinsuffizienz zum Einsatz kommen.
„Man beginnt mit allen Medikamentenklassen gleichzeitig in einer niedrigen Dosis und erhöht sie bei Bedarf“, erläuterte Westermann. Da jedes dieser Medikamente an anderen Signalwegen angreife, sehe man so quasi einen „On-Top-Effekt“. Das unterscheide den heutigen Therapieansatz zu früher, als Ärzte nach einem Stufenschema vorgegangen seien, also ein neues Medikament erst dann verordneten, wenn das vorherige nicht wirkte. „Die Zeit, die ich bei einem Stufenschema mit Abwarten verliere, erhöht die Mortalität“, verdeutlichte Westermann.
Herzschwäche trotz normaler Pumpleistung
Mehr als die Hälfte der Menschen mit Herzinsuffizienz leidet allerdings an einer anderen Form der Herzschwäche: Der sogenannten HFpEF, mit einer normalen (preserved) Ejektionsfraktion. Hier gelangt weniger Blut in die linke Herzhälfte, die Pumpleistung selbst ist aber nicht oder kaum beeinträchtigt. Menschen mit dieser Form der Herzinsuffizienz – oft ältere, übergewichtige Frauen, mit Diabetes oder anderen Erkrankungen - profitieren von der 4-Säulen-Therapie leider nicht. Seit 2023 werden jedoch SGLT2-Hemmer in den Leitlinien empfohlen. In Studien veränderte sich die Häufigkeit, mit der Betroffene wegen einer Herzinsuffizienz ins Krankenhaus mussten, deutlich. Und auch ein Rückgang von Herzkreislauf-Ereignissen war zu verzeichnen.
In Zukunft könnte möglicherweise das bei Adipositas eingesetzte Semaglutid eine wichtige Rolle spielen. In Studien nahmen Teilnehmer an Gewicht ab, ihre Lebensqualität verbesserte sich und ein 6-Minuten-Gehtest fiel besser aus. Darüber hinaus gingen Entzündungsmarker zurück, „NtproBP“, ein Biomarker für Herzinsuffizienz, nahm ab und Krankenhauseinweiseungen aufgrund einer Herzinsuffizienz gingen zurück.
Was hilft sonst noch?
Mehr gehen, rät Westermann. Wie er berichtetet, haben Menschen mit einer Herzinsuffizienz einer neuen Studie zufolge weniger Symptome, wenn sie 2.000 bis 4.000 Schritte am Tag mehr laufen. Generell gelte: Das Versterben jedweder Ursachen werde durch 7000 bis 8000 Schritte am Tag verringert, so der Herz-Experte.