29.07.2015
Der romantische, sexuell inspirierte Kuss ist über die Kulturen hinweg demnach längst nicht so weit verbreitet, wie oft gedacht. Zu diesem Schluss gelangten Forscher, nachdem sie die Kuss-Gewohnheiten von 168 Kulturen, die eine breite Palette geografischer Standorte, geschichtlicher Hintergründe und von Gesellschaftsstrukturen abdeckten, genauer unter die Lupe genommen hatten. Das Ergebnis: In 77 Kulturen gab es den romantischen-sexuellen Kuss, in 91 Kulturen nicht. Das sind 46 Prozent im Vergleich zu 54 Prozent. Damit sei das Küssen als Liebesbezeugung weder universal noch nah daran, so der Schluss, den die Forscher im Fachblatt American Anthropologist ziehen.
Vielmehr fanden die Wissenschaftler einen starken Zusammenhang zwischen der Kuss-Häufigkeit und der sozialen Komplexität von Kulturen: Je komplexer eine Kultur, desto häufiger wird geküsst. Warum das so ist, können sich die Forscher noch nicht erklären. Vielleicht könnten Faktoren wie Mundhygiene eine Rolle spielen, so ihrer Vermutung. Auch dass Ethnologen von innigen Küssen bei nordischen Wildbeuter-Kulturen der Arktis-Region berichten, diese jedoch bei Völkern der Sahara-Region, Neu Guinea und im Amazonasgebiet nicht anzutreffen waren. können sich die Forscher bislang noch nicht erklären.
Sie hatten den romantischen Kuss als einen Lippenkontakt definiert, der länger oder weniger lang anhalten kann und zwischen Liebespaaren ausgetauscht wird. Damit unterscheidet er sich von einem flüchtigen Lippenkontakt, zum Beispiel bei einem Kuss zwischen Eltern und Kind oder zur Begrüßung. Um das weltweite Vorkommen von Küssen zu untersuchen, griffen die Wissenschaftler auf große Datensammlungen zurück, der Standard Cross-Cultural Sample (SCCS) und der Human Relations Area Files World Culture zurück und befragten zudem Ethnologen, die sich etwa mit Jäger-und Sammler-Kulturen beschäftigt hatten
HH