12.05.2017
Ein Medikament, das abseits seiner Zulassung zur Behandlung von Alkoholabhängigkeit eingesetzt wird, könnte möglicherweise auch gegen Stottern helfen. Anlass zu dieser Vermutung gibt der Fall eines Mannes, bei dem das Mittel nicht nur den Alkohol-Konsum stoppte, sondern auch das Stottern.
In einer Studie, in der niederländische Forscher die Wirksamkeit von Baclofen bei Alkoholabhängigkeit untersuchten, fanden sie zufällig heraus, dass der Arzneistoff möglicherweise auch gegen Stottern hilft. So hörte ein 61 Jahre alter Mann, der regelmäßig pro Tag zwei bis drei Liter Wein trank, bei einer täglichen Dosis von 90 Milligramm Baclofen nicht nur mit dem Trinken auf. Auch sein Stottern verschwand bei dieser Wirkstoffmenge, wie die Forscher in der Fachzeitschrift BMJ Case Reports berichten. Ohne das Medikament fing er wieder an zu trinken und auch das Stottern kehrte zurück.
Da bei dem Mann das Stottern immer auch von exzessivem Trinken begleitet wurde, sei es denkbar, dass sich der Alkohol direkt auf die Sprachmuster ausgewirkt habe, so die Wissenschaftler. Es sind allerdings auch andere Erklärungsansätze denkbar. So sei es möglich, dass die Muskelspannung bei Stottern eine Rolle spiele, und deshalb die muskelentspannende Wirkung des Wirkstoffs auf die Atemmuskulatur beziehungsweise die Muskeln von Hals und Gesicht gewirkt habe. Des Weiteren hätten einige Studien gezeigt, dass Baclofen bei Alkoholabhängigen Ängste reduzieren könne, und Ängste stünden ebenfalls mit Stottern in Verbindung. Eine weitere Erklärung sei, dass der Wirkstoff indirekt die Produktion des Nervenbotenstoffs Dopamin verringere, der in größeren Mengen mit Sprachfehlern in Zusammenhang stehe. Ob Baclofen tatsächlich eine Möglichkeit sei, Stottern zu behandeln, müssten allerdings erst noch weitere Studien bestätigen, so die Forscher.
Baclofen ein Arzneimittel, das die Muskeln entspannt und als solches auch bei der Behandlung von Multipler Sklerose oder Rückenmarksverletzungen zum Einsatz kommt. Off-label, also außerhalb seiner eigentlichen Zulassung, wird es seit einiger Zeit zudem zur Behandlung von Alkoholabhängigkeit genutzt, da man davon ausgeht, dass es Nervenzentren im Gehirn beeinflusst, die mit Belohnung und Abhängigkeit in Verbindung stehen. Bislang kommen Studien hier jedoch zu gemischten Ergebnissen.
HH