11.11.2019
In seinem Impulsvortrag zum Einstieg in die Diskussionsrunde untermauerte Prof. Dr. Theo Dingermann, emeritierter Professor der Goethe-UniversitätFrankfurt am Main und Chefredakteur der Pharmazeutischen Zeitung, zunächst den hohen Stellenwert von OTC-Arzneimitteln. „Sie gehören zum Kernsortiment der Apotheken“, betonte er und stellte klar, dass sie nach höchstem pharmazeutischen Sachverstand verlangen.
„OTC-Arzneimitteltests“ wie sie zuletzt im Sommer 2019 im Verbrauchermagazin „Stiftung Warentest“ veröffentlicht worden sind, wertete Dingermann als „überflüssig“. Vor allem deshalb, weil hier eine Bewertung vorgenommen werde, die nicht den Behandlungsanlass berücksichtige. „Denn der Behandlungsanlass, und nicht der Zulassungsstatus, sollte die Interventionsentscheidung bestimmen“, so Dingermann. Apotheker seien bei allen diesen Präparaten meist die letzte Beratungsinstanz – oft sogar die einzige. Doch der Patient müsse auch beratungswillig sein und nicht mit einer vorgefertigten Meinung in die Apotheke kommen.
Negativbewertungen von Medikamenten verunsichern Patienten
Sinnvoll ist nach Meinung Dingermanns eine apothekeninterne Arzneimittelkommission. Hier sollten mit dem gesamten pharmazeutischen Team Richtlinien für die eigene Apotheke erarbeitet werden. Hilfreich wäre dabei eine Experten-Datenbank, die für den Bereich der OTC-Arzneimittel abgestufte Handlungsempfehlungen aussprechen würde.
Diese Idee befürwortete auch Gerd Glaeske, Professor der Universität Bremen, der an den Arzneimittelbewertungen der Stiftung Warentest mitwirkt. Doch er bemängelte , dass nach wie vor 25 bis 30 Prozent der OTC-Präparate keine Studien oder Daten zu der Dosierung vorweisen können. Seine Bewertungen legten diesen Sachverhalt lediglich offen. „Arzneimittel sollten aber alle eine bestimmte Qualität aufweisen“, so Glaeske. Nur das führe zu plausiblen Urteilen.
Elmar Kroth, Geschäftsführer Wissenschaft des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH), gab jedoch zu bedenken, dass kein Patient wie der andere sei und somit auch ein Arzneimitteltest nicht allgemeingültig sein könne. „Medikamente sind keine Staubsauger, die man einfach so vergleichen kann“. Es sei immer auch die individuelle Situation des Patienten zu beachten. Der Apotheker müsse die passende Intervention herausfinden – was auch bedeuten könne, nichts zu verkaufen oder an einen Arzt zu verweisen.
Patienten müssen miteinbezogen werden
Diese Lotsenfunktion unterstrich auch Thomas Preis, Vorsitzender des ApothekerverbandsNordrhein. „Die Medien steuern die Bevölkerung, der Apotheker muss jedoch den Patienten durch den Dschungel der OTC-Arzneimittel navigieren«, sagt Preis.
Volker Runge, Sprecher „der Paritätische – Gesundheitsselbsthilfe NRW“ ergänzte, dass sich viele Patienten durch Informationen aus Internet und Youtube der Beratung durch Arzt oder Apotheker entziehen würden. Eine gezielte Information sei jedoch wichtig, damit sich Patienten auf Augenhöhe mit Arzt und Apothekern unterhalten könnten. Der Patient gehört mit einbezogen, darin waren sich alle Diskussionsteilnehmer einig. „Wir sind nur Zuarbeiter für die Entscheidung des Patienten“, fasste Preis die Diskussion zusammen. Der Kapitän auf dem Schiff der Therapie bleibe der Patient.
cw/PZ/NK