23.10.2015
Sowohl aus pharmazeutischer wie auch aus ärztlicher Sicht haben Apotheker die Möglichkeiten, die Spreu vom Weizen zu trennen und die Selbstmedikation sicher und wirksam für den Patienten zu gestalten. Das machten sowohl Professor Dr. Schubert-Zsilavecz als auch Professor Dr. med. Klaus Weckbecker bei dem „OTC-Gipfel 2015“ in Düsseldorf deutlich. Schubert-Zsilavecz lehrt an der Goethe-Universität in Frankfurt Pharmazeutische Chemie und ist Vizepräsident der Uni. Weckbecker ist Direktor des Instituts für Hausarztmedizin in Bonn.
An oft vorkommenden Beschwerdebildern zeigte Schubert-Zsilavecz auf, dass es rezeptfreie Medikamente mit einwandfreien Beweisen für die Wirksamkeit gibt, die praktisch jede Apotheke vorrätig hat. Bei Migräne-Kopfschmerz beispielsweise sind das in erste Linie bekannte Arzneistoffe wie Paracetamol, Acetylsalicylsäure und Ibuprofen, sowie Präparate aus der Gruppe der Triptane. Selbst bei einem so schwierigen Leiden wie Depressionen gibt es eine offizielle Behandlungs-Leitlinie, die Johanniskraut für einen ersten Therapieversuch bei leichten und mittelschweren Depressionen vorsieht.
Für die Behandlung von Senioren existiert eine besondere Tabelle über Medikamente, die ältere Menschen nicht mehr vertragen aufgrund ihres geänderten Stoffwechsels. Diese sogenannte Priscusliste sieht Baldrian als mögliche leichte Alternative zu verschreibungspflichtigen Benzodiazepinen vor. Obwohl Benzodiazepine verschreibungspflichtig sind, gehen rund eine Million Menschen falsch damit um.
Weckbecker wies auf die Behandlungsleitlinien der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) hin, in denen durchaus rezeptfreie Medikamente aufgeführt sind. Allerdings: nicht alles, was auf dem Markt ist, ist auch immer empfehlenswert. Denn auch rezeptfreie Medikamente haben ihre Nebenwirkungen. So stehen laut DEGAM Inhalationen mit Wasserdampf und bestimmte ätherische Öle im Vordergrund der Behandlung bei Schnupfen.
Nicht immer empfinden Menschen in punkto Behandlungserfolg so, wie die Forschung vorgibt. Auch das wurde bei dem OTC-Gipfel deutlich. Manche Mittel scheinen Patienten zu helfen, obwohl der wissenschaftliche Beweis fehlt. Den Patientenwunsch zu erfüllen, aber zu erkennen, wann der Kranke sich schadet und ihn vor Nachteilen zu bewahren, ist dann eine besonders verantwortungsvolle Rolle des Apothekers. Dass es für diese Form der Beratung der Apotheke vor Ort bedarf, machten Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein, und die nordrheinwestfälische Gesundheitsministerin Barabara Steffens klar.
Steffens betonte: Apothekern fällt hier für die Gesundheit des Bürgers eine Schlüsselrolle zu, damit ein Fehlgebrauch von Medikamenten vermieden wird. Kopfschmerzmittel in Großpackungen und zum Sonderpreis aus dem Internet – das sei für sie mit einem Heilberuf nicht kompatibel.
JPL