Psyche

Samuel Koch: "Anderen zu helfen, macht mich glücklich"

aponet.de  |  28.11.2023

Samuel Koch verunglückte 2010 bei einem Stunt in der Fernsehshow "Wetten, dass…?" und ist seitdem vom Hals abwärts gelähmt. Davon unterkriegen ließ er sich nie: Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie es gelingt, etwas leichter durchs Leben zu gehen.

Samuel Koch hat sich mit der Frage beschäftigt, wie man mit einem leichteren Herzen durch das Leben gehen kann.
© Sergej Falk

Für Ihr letztes Buch haben Sie sich auf die Suche nach der Schwerelosigkeit gemacht. Wie kam es dazu?

Samuel Koch: Die Idee entstand während der Corona-Pandemie, in der sich das Leben für sehr viele Menschen nicht besonders leicht angefühlt hat. Dem wollte ich etwas Sinnvolles entgegensetzen, und damit war auch schon die Idee geboren, der Frage auf den Grund zu gehen, wie man die Schwere im Leben loswird. Eine Möglichkeit ist Vergebung – eine Sache, die gerade heutzutage nicht mehr besonders in Mode ist. Aber: Wenn man anderen Menschen nicht vergibt, ist man am Ende selbst derjenige, der die schwere Last trägt. Und was das Leben auch ungemein leichter machen kann: Hilfe von anderen Menschen annehmen. Wir sind nicht dafür gemacht, als Einzelkämpfer durch das Leben zu gehen.

Viele Menschen hadern eher damit, Hilfe von anderen anzunehmen. Wie haben Sie es geschafft, damit Frieden zu schließen?

Koch: Mir hat es geholfen, meine gegenwärtige Situation – und damit auch die Abhängigkeit von meinem Rollstuhl und anderen Menschen – so zu akzeptieren, wie sie ist. Das hat mir, auch wenn es paradox klingen mag, wieder ein Stück innere Freiheit geschenkt. Und wenn wir genau hinschauen, ist doch jeder Mensch, egal ob krank oder gesund, abhängig: vom Bäcker, der unsere Brötchen backt, von der Müllabfuhr, die unseren Abfall entsorgt, von unserem Arbeitgeber – ich könnte unzählige Dinge aufzählen. Wir haben weniger selbst in der Hand, als wir oft meinen. Allein das zu erkennen und zu akzeptieren hilft viel. Abhängigkeit wird auch immer so negativ bewertet, dabei könnte man sie auch "Verbundenheit" nennen und als etwas Positives sehen, das das Leben leichter macht. Anderen Menschen zu helfen, ist ja auch etwas, woraus wir für uns selbst viel ziehen können. Mir tut es gut, wenn ich nützlich sein kann. Anderen zu helfen, macht mich sehr glücklich.

Haben Sie genau dafür den Verein "Samuel Koch und Freunde" gegründet – speziell für Menschen, die anderen helfen?

Koch: Genau. Die Idee dazu kam mir während meiner Zeit in der Reha-Klinik. Ich war damals in der glücklichen Situation, meine Familie und meine Freunde um mich zu haben. Das hat mir enorm viel Kraft gegeben. Ich habe aber auch gesehen, dass andere Patienten viel weniger Unterstützung hatten – vor allem, weil ihre Angehörigen überlastet und überfordert mit dem schweren Schicksalsschlag in der Familie waren. Das wollte ich gerne ändern und etwas für die Menschen tun, die sich um andere kümmern und dabei immer wieder an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gehen. Dafür organisieren wir mit dem Verein zum Beispiel regelmäßig eine "Familienzeit" für pflegende Angehörige. Eltern, Geschwister und Angehörige tanken dort zusammen Kraft und haben eine gute Zeit.

Ein anderes Projekt des Vereins sind Videos, in denen es um "Bewegung für Unbewegte" geht. Was hat es damit auf sich?

Koch: Das sind Erklärvideos speziell für Menschen, die sich nicht mehr gut oder nicht selbstständig bewegen können. Auch und gerade in diesem Fall ist körperliche Aktivität wichtig, und wenn sie fehlt, kann das eine ganze Reihe an Problemen nach sich ziehen. Auch ich "lasse" mich jeden Tag bewegen, zu Hause habe ich dafür spezielle Trainingsgeräte. Die Übungen, die mein Bruder, der übrigens Physiotherapeut ist, und ich in den Videos zeigen, sind so einfach gehalten, dass sie jeder zu Hause nachmachen kann.

Warum ist es so wichtig, sich auch dann zu bewegen, wenn es nicht mehr so gut oder überhaupt nicht mehr funktioniert?

Koch: Durch mangelnde Bewegung verkümmern die Sehnen und Muskeln im Körper, Durchblutung, Stoffwechsel und Kreislauf werden beeinträchtigt. Und ich glaube fest daran, dass es eine Verbindung zwischen dem Körper und der Psyche gibt. Der römische Dichter Juvenal hat schon gesagt: "Ein gesunder Geist wohnt in einem gesunden Körper." Dazu kommt: Die neurologische Forschung ist noch verhältnismäßig jung, und viele Ärzte, mit denen ich gesprochen habe, sagen: Es ist keine Frage, ob Querschnittsgelähmte irgendwann wieder gehen können, sondern nur, wann es so weit ist. Falls ich das tatsächlich miterleben darf, will ich natürlich, dass mein Körper dafür bereit ist – und das geht ohne mein Training nicht.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Natascha Schleif.

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