07.11.2019
Wadenkrämpfe treten meist plötzlich auf und bereiten höllische Schmerzen. Meistens hält der Spuk nicht lange an, sodass kein Handlungsbedarf besteht - es sei denn, die Krämpfe treten regelmäßig auf. Dann können laut DGNPräparate mit Chinin, einem Bitterstoff aus der Rinde des südamerikanischen Chinarindenbaums, zum Einsatz kommen. Der Stoff verleiht in niedriger Dosierung Getränken wie Bitter Lemon oder Tonic Water ihren charakteristischen Geschmack.
Chinin-Präparate sind in Deutschland rezeptpflichtig
In der aktuellen Leitlinie zur Behandlung von Muskelkrämpfen werden die Präparate jedoch erst empfohlen, wenn alle behandelbaren Ursachen ausgeschlossen und eine Magnesiumtherapie versucht wurde. Diese Empfehlung könnte laut DGN überholt sein: Eine aktuelle Studie zeigt die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit von Chininsulfat bei erwachsenen Patienten mit sehr häufigen oder besonders schmerzhaften nächtlichen Wadenkrämpfen. „Anzahl, Dauer und Schmerzintensität der nächtlichen Wadenkrämpfe hatten bei der Mehrzahl der Patienten abgenommen und das Nebenwirkungsprofil war tolerabel“, sagt Erstautor Prof. Dr. Hans-Christoph Diener. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen seien bei 35 von 592 Patienten aufgetreten, schwere unerwünschte Nebenwirkungen überhaupt nicht. „Ich denke, es ist möglich, diese Präparate weniger restriktiv einzusetzen, als es die Leitlinien derzeit vorsehen“, sagt Diener. Das einzige in Deutschland zugelassene Chinin-haltige Medikament ist seit 2015 rezeptpflichtig.
Dehnen und Magnesium gegen Wadenkrämpfe?
Um Muskelkrämpfen vorzubeugen, werden in den Leitlinien aktuell regelmäßige passive Dehnübungen der Wadenmuskulatur empfohlen, etwa durch Vorbeugen des Oberkörpers im Stand, ohne dass dabei die Fersen den Kontakt zum Boden verlieren. Die Wirksamkeit wurde in verschiedenen Studien jedoch unterschiedlich bewertet, eine klare Evidenz fehlt also. Ebenso wird die Einnahme von Magnesium empfohlen, obwohl die Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist.
„Ein Therapieversuch sollte aber in jedem Falle unternommen werden. Viele Patienten berichten, dass es bei ihnen die Neigung zu Muskelkrämpfen lindert. Wenn es nicht überdosiert wird, ist Magnesium außerdem unbedenklich und hat keine Nebenwirkungen“, sagt Dr. Rainer Lindemuth, Erstautor der Leitlinie. Vorsicht sei lediglich Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion geboten, die eine dauerhafte Einnahme von Magnesium mit ihrem Arzt absprechen sollten.
NK