11.11.2014
Wirkt sich die Distanz zwischen zwei auf der Badezimmerablage stehenden Zahnputzbechern darauf aus, ob Partner, die über ihre Beziehung nachdenken, diese als inniger oder distanzierter wahrnehmen? Möglicherweise. Wie deutsche Sprachwissenschaftler herausfanden, kann der Abstand von Gegenständen offenbar beeinflussen, wie Menschen über abstrakte Zusammenhänge und Ideen nachdenken.
Nun hat die Forschungsgruppe der Universität Bielefeld allerdings keine Beziehungsforschung im Badezimmer betrieben. Die Sprachwissenschaftler waren vielmehr daran interessiert, wie sich das, was wir sehen, auf das Sprachverständnis auswirken kann. Mit Hilfe von Karten, die sich entweder aufeinander zu oder voneinander weg bewegten, fanden sie heraus, dass die Distanz von Gegenständen offenbar das Lesetempo von Testpersonen und damit das Verständnis eines Satzes beeinflusst. „Je weiter die Karten voneinander entfernt waren, desto schneller konnten die Personen Sätze lesen, die einen Widerspruch ausdrücken“, erklärt der beteiligte Forscher Dr. Ernesto Guerra. Gleichzeitig zeigte sich: Je näher die Karten nebeneinander lagen, desto schneller wurden Sätze gelesen, die Ähnlichkeit ausdrücken. „Die Entfernung der Spielkarten beeinflusst damit das Verständnis von semantischer, also bedeutungsmäßiger Ähnlichkeit“, sagt Guerra.
Die Erkenntnisse aus der Studie, die im Fachblatt Cognition veröffentlicht wurde, könnten Lehrkräfte beispielsweise im Deutsch-Unterricht in der Grundschule nutzen, so die Forscher. Dort lernen die Kinder, zu klassifizieren, also Sachen zu Gruppen zusammenzufassen. „Eine Übung wie mit den Spielkarten könnte den Kindern helfen, schneller Ähnlichkeiten und Unterschiede zu begreifen“, so Junior-Professorin Dr. Pia Knoeferle, Leiterin der Forschungsgruppe. Ob Badezimmer-Grübler ihren Gedanken jedoch eine positive Richtung geben könnten, indem sie Zahnputzbecher dichter zusammenrücken, ist noch nicht erwiesen.
HH