11.02.2013
Die Praxisgebühr ist abgeschafft. Hatte sie ihren Sinn als Steuerungsinstrument verfehlt?
Dryden: Die Praxisgebühr als solche hat gewirkt. Das belegen die ersten Quartale nach deren Einführung. Selbst beim Notfalldienst ist die Inanspruchnahme deutlich rückläufig gewesen. Allerdings ist die Selbstbeteiligung nicht konsequent fortgeführt worden. Befreiungen, die teilweise von den Kassen schon gegen Gebühr zu Jahresbeginn ausgesprochen wurden, haben den Effekt verpuffen lassen.
Die Zahl der Arztbesuche insgesamt hatte sich laut einem Interview mit Volker Kauder, CDU/CSU, in aponet.de durch die Praxisgebühr kaum verändert. Warum plädieren Sie trotzdem für das System der Überweisungen durch den Hausarzt?
Dryden: Sie sprechen hier drei völlig voneinander getrennte Sachverhalte an.
1. Die Wirksamkeit der Praxisgebühr hatten Sie bereits hinterfragt.
2. Wir hatten und haben in Deutschland kein Primärarztsystem, in dem der Patient gezwungen ist, ausschließlich über den Hausarzt gesteuert ärztliche Hilfe zu erhalten. Mit und ohne Praxisgebühr haben wir stets freie Arztwahl gehabt. Das bezieht sich auf den Erstzugang zum Arzt im Quartal. Unverändert bleibt aber für die Inanspruchnahme weiterer Ärzte das Erfordernis, hierfür eine Überweisung beizubringen. Diese stellt der vorbehandelnde Arzt aus.
3. Der Hausarzt ist vom Gesetzgeber als Koordinator für die Versicherten definiert worden. Dahinter liegen auch Aspekte der Patientensicherheit. Am Beispiel von Patienten, bei denen gleichzeitig mehrere chronische Erkrankungen behandelt werden, lässt sich aufzeigen, dass eine zusammenfassende Überprüfung aller Therapien sinnvoll ist. Nur hierdurch werden Neben- und Wechselwirkungen unter Bewertung der Behandlungserfordernisse geprüft und zu einem therapeutischen Gesamtkonzept zusammengefasst.
Wenn es um die Einnahmetreue und die Vermeidung von Wechselwirkungen bei Medikamenten geht, kann ja auch die Apotheke eine Rolle spielen. Wie sehen Sie diese interdisziplinäre Zusammenarbeit?
Dryden: Natürlich spielt die Apotheke in diesem Kontext eine bedeutende Rolle. Diese übernimmt sie außerhalb der Indikationsstellung. Schulung des Patienten zur Einnahme von Medikamenten ist in der Apotheke möglich. Ich verweise hier als Beispiel nur auf die Inhalationstechniken bei Medikamenten gegen Asthma. In der Apotheke können Wechselwirkungspotentiale zwischen verschiedenen Arzneien erkannt werden. Es kann aber nicht bewertet werden, ob diese evtl. vom Arzt bereits akzeptiert oder gar gewünscht sind. Wichtig ist in der Apotheke auch die Einbeziehung und Bewertung der Selbstmedikation des Patienten im Rahmen der ärztlich verordneten Medikation.
Würde sich die Zusammenarbeit von Arzt und Apotheke noch steigern lassen?
Dryden: Hierzu ein eindeutiges Ja! Diese kann in gemeinsamen Fortbildungsangeboten bestehen, Qualitätszirkeln, regelmäßiger Kommunikation patienten- oder behandlungsbezogener Fakten, wie auch der Diskussion erkannter Risikokonstellationen bei einzelnen Patienten.
JPL