14.03.2011
Hätten Sie gedacht, dass Sie aus mehr Bakterien als Körperzellen bestehen? Ein Mensch besitzt rund 100 Billionen Zellen – eine Eins mit 14 Nullen. In ihm wohnen aber noch viel mehr Bakterien. Die meisten befinden sich im Verdauungstrakt. Und ihr Anteil wird umso größer, je weiter es Richtung "Ausgang" geht. Dass Bakterium nicht gleich Bakterium ist, kann sich der Laie leicht vorstellen. Aus Erfahrung weiß er, dass manche Bakterien krank machen, andere hingegen "zu den Guten" gehören und dem Menschen nützen.
Die Vorstellung, "die Bösen" abzuhalten, indem man sich Verstärkung von "den Guten", nämlich bei sogenannten probiotischen Bakterien, holt, liegt nahe und ist nicht neu. Etliche probiotische Stämme zählen zum Beispiel zu den Milchsäurebakterien. Diese verwenden Menschen schon seit Jahrtausenden, zum Beispiel zum Einlegen von Weißkohl. Schon vor rund einhundert Jahren vermuteten Forscher, dass Joghurt und Kefir möglicherweise für das lange Leben von Angehörigen verschiedener Hirtenvölker verantwortlich seien.
Mit Hefe gegen Durchfall
Etwa 30 verschiedene Probiotikastämme gibt es. Man kann die Untersuchungsergebnisse meist nicht auf die ganze Gruppe der probiotisch wirksamen Bakterien übertragen. Auch muss man die jeweils eingesetzte Dosierung und manche anderen Studienbedingungen betrachten. So verwundert es nicht, dass sich Studienergebnisse gelegentlich widersprechen. In bestimmten Fällen können Probiotika die Gesundheit unterstützen. So lässt sich zum Beispiel unter anderem mit Saccharomyces boulardii, einer Hefe, Reisedurchfällen vorbeugen. Mit verschiedenen Probiotika ließ sich in einer englischen Studie außerdem die Gefahr für schwere Durchfälle im Rahmen von Antibiotika-Behandlungen vermindern. Daneben eignen sie sich zur Behandlung von infektiösen Durchfallerkrankungen, unter anderem gegen die bei Kindern häufigen Rotavirus-Infektionen.
Dass die kleinen Helfer, regelmäßig eingenommen, auch Senioren unterstützen können, die an Darmträgheit oder Verstopfung leiden, zeigte eine Studie an 200 älteren Teilnehmern. Danach verkürzte sich die Zeit, die der Stuhl im Darm verweilte, deutlich. Umgekehrt helfen Probiotika bei Durchfällen von Menschen mit Milchzucker-Unverträglichkeit, denn Milchsäurebakterien bauen im Darm Milchzucker ab.
Säuglinge profitieren von der Mutter
Eine aktuelle Studie aus Norwegen zeigt außerdem, dass Probiotika nicht nur diejenigen schützen, die sie zu sich nehmen. So entwickelten Säuglinge stillender Mütter, die bereits während der Schwangerschaft regelmäßig probiotische Bakterien zu sich genommen hatten, um fast 50 Prozent seltener eine Neurodermitis. Die Hoffnungen, dass sie Asthma und Allergien vorbeugen, haben sich allerdings nicht erfüllt. Und die Erkältungsviren? Weniger Erkältungen traten bei den Verwendern von Probiotika zwar nicht auf. Aber in einigen Untersuchungen haben die Probiotikakonsumenten den Infekt schneller überstanden.
Es gibt allerdings auch Patienten, die Probiotika nicht oder nur unter ärztlicher Kontrolle verwenden dürfen. So musste in den Niederlanden eine Studie an Patienten mit schweren Entzündungen der Bauchspeicheldrüse abgebrochen werden, da sich der Gesundheitszustand mancher Teilnehmer dramatisch verschlechtert hatte. Und auch für Patienten, deren körpereigene Abwehr sehr stark geschwächt ist, eignen sie sich nicht.
Apothekerin Maria Pues