Schweigepflicht: Wann der Arzt den Mund halten muss

Die ärztliche Schweigepflicht kennt fast jeder. Doch sie gilt nicht immer. Lesen Sie hier, wann der Arzt Stillschweigen bewahren muss und wann er von dieser Vorschrift abweichen darf oder gar muss.

Frau um die 30 im Beratungsgespräch mit einem Arzt um die 40
In der Regel gilt die Verpflichtung von Ärzten, ihnen anvertraute Geheimnisse nicht an Dritte weiterzugeben.
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"Wie peinlich. Das kann ich niemandem erzählen", denkt sich Gregor, als ihm seine Hausärztin Dr. Irene Gebauer die Diagnose mitteilt. Syphilis habe er. Gebauer klärt ihn über die Krankheit auf. Etwa wie man sie behandelt, wie er andere vor einer Ansteckung schützen kann und dass er seine Partnerin informieren muss. Das aber traut sich Gregor nicht. Als er nach Hause kommt und seine Frau Sabine fragt, was der Arztbesuch ergeben hätte, lügt er. "Ach, die Frau Doktor hat nix gefunden. Bin wohl doch gesund", schwindelt er. Und vertraut auf die Schweigepflicht seiner Ärztin.

Doch Gregor täuscht sich. Nachdem die Hausärztin erfährt, dass er seiner Frau nichts gesagt hat und dies selbst nach mehrmaligen Bitten nicht tut, informiert sie die Partnerin selbst. In bestimmten Fällen entbindet der Gesetzgeber Mediziner von ihrer Schweigepflicht, manchmal verpflichtet er sie sogar zur Auskunft. Mal ganz abgesehen von seinem unverantwortlichen Umgang mit der sexuell übertragbaren Krankheit – kann sich Gregor in diesem Fall nicht auf die ärztliche Schweigepflicht berufen.

Wann die Schweigepflicht gilt

Dieser fiktive Fall zählt zu den Ausnahmen. In der Regel gilt die Verpflichtung von Ärzten, ihnen anvertraute Geheimnisse nicht an Dritte weiterzugeben. Auch dann, wenn der "Geheimnisherr", also zum Beispiel der Patient, nicht mehr lebt. Der Gesetzgeber wahrt damit das Recht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung. Ganz im Sinne von "Ich entscheide, was wer wissen darf." Das geht sogar so weit, dass der Arzt, aber auch andere Berufsgruppen, die der Schweigepflicht unterstehen, wie zum Beispiel ärztliches Hilfspersonal sowie Apotheker und deren Mitarbeiter, bestraft werden können, wenn sie Anvertrautes verraten.

Als Geheimnis gelten nicht nur Informationen, die ein Patient seinem Arzt offenbart hat, sondern auch solche, die der Arzt nebenbei oder rein zufällig erfährt. Auch schriftliche Mitteilungen des Patienten, Aufzeichnungen über Patienten, Röntgenaufnahmen und andere Untersuchungsbefunde fallen darunter.

Wann sie nicht gilt

Von dieser Schweigepflicht entbindet und zur Auskunft verpflichtet der Gesetzgeber, wenn der Arzt beispielsweise eine meldepflichtige Infektionserkrankung diagnostiziert. So muss er beispielsweise einen Masern-Fall an die Behörden melden. Auch wenn der Arzt von den Plänen seines Patienten, eine schwere Straftat zu begehen, erfährt, muss er dies anzeigen.

Daneben hat ein Arzt Berufsunfälle und -krankheiten an die Unfallversicherung zu melden. Zudem muss er der gesetzlichen Krankenversicherung zur Abrechnung erforderliche Daten liefern. Hier kann der Patient zwar einfordern, dass der Arzt diese Daten nicht an die Kasse weitergibt, zum Beispiel wenn er eine bestimmte Diagnose geheim halten will. Er verliert dadurch allerdings in der Regel seinen Anspruch auf Versicherungsleistungen.

Schwierig sieht es mit Grenzfällen aus, zum Beispiel wenn der Arzt feststellt, dass sein Patient als Busfahrer arbeitet, aber durch eine Epilepsie-Erkrankung nicht mehr fahrtauglich ist. Hier kann der Arzt, muss er aber nicht, die Behörden informieren. Der Patient darf sich nicht auf die Schweigepflicht berufen. Ein guter Arzt wird aber ohnehin erst einmal "milde" Mittel einsetzen und den Patienten davon überzeugen, dass er das Fahren lieber bleiben lässt. Zeigt sich der Patient hartnäckig, wird der Arzt zunächst die Familie hinzuziehen, bevor er die Fahruntauglichkeit tatsächlich meldet.

Apotheker Fabian Henkel

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