Der gemeinsame Bundesausschuss (gBA), der für Leistungen gesetzlicher Krankenkassen Richtlinien erstellt, soll Eingriffe benennen, bei denen Patienten künftig gesetzlichen Anspruch auf eine ärztliche Zweitmeinung haben werden. Ein Anspruch, der im Versorgungsstärkungsgesetz bereits enthalten ist. Er kann aber erst umgesetzt werden, wenn es eine gBA-Richtlinie dazu gibt. Die Beratungen zur Erstfassung laufen noch.
Unabhängig davon haben bereits jetzt viele Krankenkassen eigene Verfahren zu Zweitmeinungen. Dabei beurteilt ein zweiter Arzt vorliegende Untersuchungsbefunde, jedoch nur für ausgewählte Erkrankungen. Details kann man jeweils bei seiner Kasse erfragen. Beispielsweise bietet die AOK Plus in Sachsen und Thüringen ihren Versicherten an, sie bei Krebsleiden oder vor planbaren Operationen an der Wirbelsäule oder am Knie-, Hüft- oder Schultergelenk dabei zu unterstützen, eine ärztliche Zweitmeinung von erfahrenen Spezialisten zu bekommen. Das gilt auch für die Techniker
Krankenkasse (TK) mit dem Angebot "Zweitmeinung vor einer Hüft-, Knie-, Schulter- oder Rücken-Operation". Dafür hat die TK bundesweit Verträge mit ausgewählten Schmerzzentren geschlossen, die sich auf die Behandlung von Rücken- und Gelenkerkrankungen spezialisiert haben. Die Deutsche Angestellten-Krankenkasse hat ein Servicetelefon für ihre Versicherten eingerichtet, das sich unter anderem für Zweitmeinungen nutzen lässt.
Solche Angebote und gesetzliche Ansprüche zu ärztlichen Zweitmeinungen bedeuten keinesfalls, dass man dem ersten Arzt grundsätzlich misstrauen soll. Es geht nur darum, sich als Patient bei Bedarf und bei Unsicherheit ein umfassendes Bild von seiner Gesundheitssituation machen und alle Therapiealternativen beurteilen zu können, bevor man sich für eine aufwändige und mitunter belastende Behandlung entscheidet. Die Zweitmeinung kann den Patienten durchaus darin bestärken, den vom ersten Arzt vorgeschlagenen Therapieweg tatsächlich zu beschreiten.
Dr. Frank Schäfer