Lange hatte Kuhmilch das Image eines sehr gesunden Lebensmittels. Als natürliche Quelle für Eiweiß, Vitamine und Mineralstoffe und vor allem als hervorragender Calciumlieferant für starke Knochen war sie unangefochten. "Die
Milch macht’s" brachte es ein Werbeklassiker aus den 1980er-Jahren auf den Punkt. Doch seit einigen Jahren regt sich Widerspruch: Skeptiker behaupten, dass Milch viele Krankheiten verursache, von Asthma über Diabetes bis zu Krebs, dass sie den Knochen schade und dass Milchtrinker früher sterben.
Vorwürfe wiederlegt
Ist an diesen Vorwürfen etwas dran? Nein, sagt die Wissenschaft. Insgesamt kommen Studien zu dem Ergebnis, dass der Verzehr von Milch und Milchprodukten das Risiko für Schlaganfall, Bluthochdruck, Diabetes und Dickdarmkrebs sogar leicht verringert. Nur in einem Punkt gab es Hinweise auf eine negative Wirkung: Männer mit einem sehr hohe Konsum von einem Liter Milch oder 120 Gramm Hartkäse pro Tag haben möglicherweise ein erhöhtes Risiko für Prostatakrebs.
So viel verzehrt aber kaum jemand dauerhaft. Insgesamt bestätigen Studien die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung von täglich 200 bis 250 Gramm Milch und 50 bis 60 Gramm Käse: In diesem Bereich waren die Schutzeffekte auf die Gesundheit am größten. Das entspricht zum Beispiel einem Glas Milch plus zwei Scheiben Käse. Auf diese Mengen kommen viele Deutsche aber nicht.
Calcium für die Knochen
Es darf also gerne etwas mehr sein. Milch und Milchprodukte versorgen den Körper mit Energie und Eiweiß, B-Vitaminen und Jod, Zink und Calcium. Apropos Calcium: Da dieser Mineralstoff eine wichtige Rolle für stabile Knochen spielt, ging man bislang davon aus, dass Milch im Alter die Knochen stärkt und Brüchen vorbeugt. Das stimmt offenbar nicht: Wer viel Milch trinkt, besitzt kein geringeres Frakturrisiko. Bei Kindern und Jugendlichen spielen calciumreiche Milch und Milchprodukte jedoch nach wie vor eine wichtige Rolle für den Aufbau der Knochenmasse. Und im Alter sollte man zumindest darauf achten, keinen Calciummangel zu haben.
Lieber fettarme oder Vollmilch?
Auch das Milchfett bewerten Experten inzwischen anders. Zwar besteht es hauptsächlich aus gesättigten Fettsäuren, die als Wegbereiter für Arteriosklerose und Herz-Kreislauf-Krankheiten gelten. Die aktuelle Studienlage zeigt aber, dass Milchfett keinen negativen Einfluss auf die Gesundheit hat.
Unter diesem Aspekt kann man also getrost zu Vollmilch greifen. Wer auf seine Figur achten möchte, bleibt aber besser bei den fettarmen Varianten: Denn während ein Glas mit 200 Millilitern Vollmilch 130 Kilokalorien (kcal) enthält, liefert die gleiche Menge fettarme Milch mit 1,5 Prozent Fett 96 kcal, und Magermilch mit 0,3 Prozent Fett sogar nur 70 kcal.
Der Streit um die Milch geht nach derzeitigem Wissensstand also eindeutig zugunsten des weißen Fitmachers aus. Milch ist und bleibt ein gesundes Lebensmittel, und es gibt keinen Grund, darauf zu verzichten. Auch für Menschen, die keinen Milchzucker vertragen, die also unter einer Laktose-Intoleranz leiden, bietet der Handel inzwischen eine große Palette an laktosefreien Produkten an, und auch Laktase-Präparate aus der Apotheke sind hilfreich. Sie erweitern das Spektrum der verträglichen Lebensmittel und eignen sich beispielsweise, wenn ein Restaurantbesuch ansteht. Abgesehen von den Gesundheitsdiskussionen ist Milch ein leckeres und vielseitiges Lebensmittel, das seinen Geschmack ändern kann wie ein Chamäleon seine Farbe: Sie dient als Rohstoff für süßen Pudding ebenso wie für säuerlichen Quark, erfrischende Buttermilch oder deftigen Käse. Und gerade an kalten Tagen schmeckt sie bestens als heißes Mixgetränk.
Heiße Yogi-Milch für kalte Tage
Probieren Sie mal diese Yogi-Milch: Für vier Gläser drei Esslöffel Yogi-Tee (indische Gewürzmischung, erhältlich in Tee- oder Naturkostläden) mit 200 Millilitern Wasser in einen Topf geben und aufkochen, 600 Milliliter Vollmilch dazugeben, erneut zum Kochen bringen. Topf vom Herd ziehen und drei bis fünf Minuten ziehen lassen. Zwei Esslöffel Honig einrühren und die Yogi-Milch durch ein feines Teesieb in eine vorgewärmte Kanne gießen. 200 Milliliter Milch erwärmen und aufschäumen. Yogi-Milch in Gläser gießen und die aufgeschäumte Milch darauf verteilen.
Diplom-Oecotrophologin Dorothee Hahne