Von der Zwiebel zum Schwangerschaftstest

Heutige Schwangerschaftstests basieren auf dem Nachweis eines Hormons. Das war nicht immer so.

Ein Test aus der Apotheke kann eine Schwangerschaft feststellen.
Eine Schwangerschaft wird im Frühstadium über die Konzentration des hCG- Wertes festgestellt.
© Dan Race - Fotolia

Ein Test aus der Apotheke, eine Portion Urin und etwas Geduld: Mehr benötigt Frau heute nicht, um zu wissen, ob sie ein Kind erwartet oder nicht. Das mit dem Urin vermuteten bereits die alten Ägypter. So schreibt der Arzt Kahun in einem 4 000 Jahre alten Papyrus: "Weizen und Gerste werden mit einem Stück Stoff umwickelt, auf das die Frau jeden Tag urinieren soll. Sodann wird das Ganze mit Datteln und Sand vermengt. Die Frau ist schwanger, wenn beide Getreide keimen." Der Papyrus beschreibt weiter: "Wenn die Gerste wächst, ist es ein Knabe, wenn der Weizen wächst, ist es ein Mädchen."

Zwiebel, Knoblauch und Vogelgesang

So detailliert wollte es der berühmte griechische Arzt Hippokrates, der im fünften und vierten Jahrhundert vor Christus lebte, nicht wissen. Laut ihm sollte sich die Frau eine Zwiebel in die Vagina einführen und über Nacht darin lassen. Falls ihr Atem am nächsten Morgen nach dem Gemüse riechen würde, wäre sie nicht schwanger. Ein frischer Atem galt als Zeichen für eine Empfängnis. Hippokrates hatte dafür eine »einleuchtende« Erklärung: Ein Kind verhindert einfach, dass der Geruch nach oben steigt. Bis ins 18. Jahrhundert fand diese Methode zum Beispiel in Frankreich Verbreitung. Allerdings bediente man sich dort einer Knoblauchzehe. Sie galt wegen ihrer Form als Symbol für den Fötus im Mutterleib.

Der französische Autor Jacques Gélis

beschreibt in seinem Werk "Die Geburt – Volksglaube, Rituale und Praktiken von 1500 bis 1900" noch andere kuriose Methoden aus dieser Zeit. So glaubte man, dass der Gesang bestimmter Vögel "die baldige Geburt eines Kindes ankündigt". Wenn der Hahn den Ruf des Kuckucks beantwortet, bedeutete dies, dass die Frau in jenem Haus schwanger ist. "Ebenso verhielt es sich mit Nachtvögeln, wie Eulen und Waldkäuzchen, die auf einem Baum am Haus oder auf dem Dach saßen und in die Nacht hineinriefen."

"Verräterische" Augen

Apropos Frankreich: Im 16. Jahrhundert glaubte der Mediziner Jacques Guillemeau aus Orléans, dass sich eine Schwangerschaft an den Augen ablesen lässt. "Im zweiten Monat", so schreibt er, "bekommt die Schwangere tief liegende Augen mit kleinen Pupillen, schlaffe Lider und geschwollene Äderchen in den Augenwinkeln." Außerdem verändere sich der Blick. "Wenn es auf keine andere Weise zu sehen ist, dass eine Frau schwanger ist, sagen es dir die Augen."

Mit der Zeit setzte sich die seriöse Wissenschaft durch. Zunächst setzten Ärzte auf das Ausbleiben der Menstruation und typische Begleitzeichen einer Schwangerschaft wie Übelkeit, Veränderungen des Muttermundes oder Wassereinlagerungen. In den 1920er-Jahren entdeckten die deutschen Gynäkologen Selmar Aschheim und Bernhard Zondek sowie ihr Berufskollege Ernst Philipp das humane Choriongonadotropin (hCG). Dieses Hormon bildet sich in der Plazenta und lässt sich nur während der Schwangerschaft nachweisen und das noch vor dem ersten Ausbleiben der Monatsblutung.

Frösche in der Apotheke

Doch wie ließ sich dem Hormon auf die Schliche kommen? In den 30er-Jahren entdeckte man, dass sich der Afrikanische Krallenfrosch als lebendiger Schwangerschaftstest nutzen lässt. Ein männlicher Frosch erhielt Urin oder Blut der möglicherweise Schwangeren unter die Haut gespritzt. Bildete der Frosch unter dem Einfluss des im Testurin enthaltenen Schwangerschaftshormons hCG Samenzellen, galt der Test als positiv. Apotheker hielten die Amphibien in Aquarien "auf Vorrat". Kein Wunder, dass ihn viele einfach Apothekerfrosch nannten.

Frosch hin oder her: Das gleiche Prinzip nutzen die heutigen Schwangerschaftstests, auch sie basieren auf dem Nachweis von hCG im Urin der Schwangeren. Die ersten Produkte für zu Hause kamen Ende der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts auf den Markt. Das Ergebnis lässt sich bei heutigen Tests einfach ablesen. Verfärbt sich der Streifen im Testfenster, ist die Frau schwanger. Wer sich unsicher fühlt, fragt seinen Apotheker. Er kann auch weitere Ratschläge geben, zum Beispiel zur zusätzlichen Versorgung mit Folsäure während der Schwangerschaft.

Peter Erik Felzer

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