Punk, Soldat, Model, Schauspieler, Buchautor: Wotan Wilke Möhring ist wandelbar. Der Hamburger Tatort-Kommissar über seinen Tatendrang und den Stellenwert von Familie.
Sie wurden einmal mal als "Punk und Gentleman" bezeichnet. Passt das?
Wotan Wilke Möhring: Naja, irgendwo dazwischen kommt das vielleicht hin. Ich bin nicht mehr in der Punkszene wie in meiner Jugend, aber die Leidenschaft und das wilde Leben ist mir immer noch wichtig. Diese Lebenslust, die sich nicht nur den Regeln beugt, wo der Mensch im Vordergrund steht, nicht die Normierung. Mit Gentleman hingegen verbinde ich eine gewisse Höflichkeit, ohne sich alles gefallen zu lassen. Der Stärkere beschützt den Schwächeren. Man reißt sich kein Bein aus, wenn man die Tür aufhält. Solche Sachen.
Sie haben dieses Jahr zusammen mit Ihrem Bruder ein Buch veröffentlicht. Darin nennen Sie Ihre Lebensphilosophie: "Überwindung und den Sprung ins Ungewisse wagen". Funktioniert das auch noch in der zweiten Lebenshälfte?
Möhring: Auf jeden Fall. Warum denn auch nicht? Man sagt ja, man wird durch die Kinder etwas gesetzter. Bei mir war eher das Gegenteil der Fall. Ich bin durch ihren neugierigen Blick auf die Welt wieder angesteckt worden, Dinge wissen zu wollen und immer Neues zu entdecken. Ich bin mir natürlich bewusst, dass ich mittlerweile die Verantwortung für meine tollen Kinder trage. Aber ich wage weiter gern Neues. Dazu gehört auch unser Buch: Wir erzählen da auch von sehr persönlichen Momenten und Erfahrungen, von denen nicht mal unsere anderen Geschwister wussten. Das ist natürlich ein Wagnis und erfordert einen gewissen Mut.
Bei allem Neuen sind Ihnen feste Größen wie Ihr Bruder wichtig. Was bedeutet Familie für Sie?
Möhring: Sie bedeutet mir alles. Im Buch ist der Anker ein Symbol der Verbindung zu meinem Bruder. Und auch Familie hat für mich viel mit Anker zu tun. Den Anker wirft man aus, wenn man ihn braucht. Aber dann ist er die ganze Zeit da. Das ist auch das Wichtigste, was man seinen Kindern mit auf den Weg geben kann: das tiefe Vertrauen, dass immer jemand da ist, wenn man ihn braucht.
Reicht das Dasein oder investieren Sie auch Zeit in Familie?
Möhring: Beides. Mein Bruder ist sechs Jahre jünger als ich. Dadurch hatten wir zu nächst nicht viele Gemeinsamkeiten. Als junge Erwachsene haben wir dann eine unglaublich intensive Zeit miteinander verbracht. Im Sommer 1991 in New York und danach einige Jahre in Berlin. Heute leben wir in anderen Städten. Aber die Nähe bleibt bestehen, und wir haben regen Kontakt. Das versuche ich jetzt auch, meinen Kindern weiterzugeben: Man muss was gemeinsam erleben. Ich habe allerdings ein sehr hohes Tempo. Da müssen mich die Kinder schon manchmal bremsen. Manchmal liegt ja auch eine besondere Qualität im gemeinsamen Nichtstun.
Sie sind aber eher der aktive Typ?
Möhring: Das stimmt. Ich liebe die Bewegung. Ich bin gern draußen mit den Kindern. Wenn ich mal nicht an der frischen Luft war, fehlt mir was. Aber ich packe jetzt nicht meine Sporttasche und gehe irgendwohin, um Sport zu machen. Dann lieber lange Wanderungen: diese wohlige Erschöpfung am Abend. Wir können uns viel mehr abverlangen, als wir denken. Wir nehmen oft Grenzen wahr, wo gar keine sind.
Sie sind jetzt 55. Zeigt da nicht der Körper auch manchmal Grenzen?
Möhring: Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu meinem Körper, merke früh, wenn etwas nicht stimmt, und weiß dann meistens auch, wie ich darauf reagieren muss. Oft reicht etwas Ruhe. Der Körper heilt sich ja auch selbst. Körperliche Grenzen merke ich aber noch nicht. Ich bilde mir ein, ich kann alles noch machen wie früher. Ich muss vielleicht nicht mehr alles ausprobieren, bin aber immer noch ein sehr physischer Mensch. Ich sag nicht, das schaff ich nicht, ohne es ausprobiert zu haben.
Vielen Dank für das Gespräch!
Die Fragen stellte Katrin Faßnacht-Lee.
Medikamente ohne Zuzahlung
Alle zwei Wochen neu: die aktuelle Liste der zuzahlungsfreien Arzneimittel.