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05.12.2022
Die Mistel ist ein bis zu einem Meter großer, immergrüner, kugelförmig wachsender Strauch mit einem sehr kurzen Stamm. Sie wächst als Halbschmarotzer auf Laub- und Nadelbäumen An den reich gegabelten Ästen sitzen ledrige, längliche Blätter. Von Januar bis April knäulen sich in den Zweiggabeln drei bis fünf kleine gelbe Blüten – männliche oder weibliche. Nur aus Letzteren entwickeln sich im November und Dezember des Folgejahres weißlich-gelbe Beeren, die schleimig-süßlich schmecken und im Gegensatz zu anderen Pflanzenteilen nicht giftig sind. Die Blätter und Stängel enthalten dagegen toxische Proteingemische, vor allem Viscotoxin.
Das Gift wirkt reizend auf die Magen- und Darmschleimhaut und kann Erbrechen, blutigen Durchfall und Bauchkrämpfe hervorrufen. Da die schleimigen Beeren zerkaut zudem auf der Zunge und im Rachen hängenbleiben können, sollten Kinder dringend vor dem Verzehr der Beeren gewarnt werden.
Vergiftung, was tun?
Da die Mistel nur schwach-giftig ist, sind Erste-Hilfe-Maßnahmen bei einer Vergiftung durch den Verzehr im Allgemeinen nicht nötig. Es sollte viel getrunken, bei anhaltenden Beschwerden jedoch im Zweifel ein Arzt aufgesucht werden. Die Therapie erschöpft sich in symptomatischen Maßnahmen. Bei Unsicherheiten kann auch der Giftnotruf kontaktiert werden.
Giftpflanze mit Heilwirkung
Der Mistel werden auch heilende Kräfte nachgesagt. Schon der römische Gelehrte Plinius (23 bis 79), Hildegard von Bingen (1098 bis 1179) sowie der berühmte Arzt Paracelsus (1493 bis 1541) waren von der Heilkraft der Mistel überzeugt. Ihr wurde große Wirksamkeit bei Epilepsie, Aussatz, Gicht, Gelbsucht, zur Empfängnisförderung oder sogar bei erfrorenen Gliedmaßen nachgesagt.
Anfang des 20. Jahrhunderts führte Rudolf Steiner (1861 bis 1925) die Mistel in die Krebstherapie ein. Damals wie heute ist die Anwendung von Mistelpräparaten bei Krebs jedoch umstritten. Es gibt zahlreiche Studien, die ihre Wirksamkeit belegen, und nicht minder zahlreiche Wissenschaftler, die diese anzweifeln. Eine neuere Studie hat der Misteltherapie bei Krebs nun fast jegliche Wirksamkeit abgesprochen.
Brauchtum und Tradition
Bereits die Germanen schnitten sich Mistelzweige zur Wintersonnenwende als Glücksbringer von den Bäumen. Eine Pflanze, die immergrün und scheinbar ohne Wurzeln in den Wipfeln der Bäume wächst, musste in der Vorstellungskraft der Menschen in früheren Zeiten von den Göttern gesandt sein und Zauber- oder Heilkräfte besitzen. Misteln an der Hauswand sollten daher vor Hexen und bösen Geistern, aber auch vor Feuer und Blitzen schützen. Es ist gut möglich, dass die Christen diesen Brauch später einfach übernahmen, um Haus und Hof zu schmücken.
Der Ursprung des Brauchs, sich unter dem Mistelzweig zu küssen, ist dagegen nicht eindeutig geklärt. Sicher ist jedoch, dass die Früchte des Mistelzweigs im 18. Jahrhundert „Kuss-Kugeln“ genannt wurden und junge Frauen, die unter dem Zweig standen, einen Kuss so lange nicht ablehnen durften, wenn der Zweig noch Früchte hatte. Der Spielregel nach wurde für jeden Kuss eine Beere gepflückt, bis der Zweig keine Beeren mehr trug.