21.12.2012
In Millionen Haushalten wird dieser Tage ein Weihnachtsbaum aufgestellt. Was man für eine Jahrhunderte alte Tradition halten mag, ist tatsächlich ein noch recht junger Brauch. Genau genommen habe ihn das Bürgertum im 19. Jahrhundert erfunden, erklärt Professor Dr. Georg Seiderer, Volkskundler von der Universität Erlangen-Nürnberg.
Zwar gibt es schon von 1605 aus Straßburg Hinweise, dass im Elsass geschmückte "Dannenbäum" an Weihnachten aufgestellt wurden. Auch in Bayern und Österreich wurde zu dieser Zeit die Stube an Festtagen mit Zweigen oder Reisern geziert. Doch ob damit der Weihnachtsbaum erfunden war, ist ungewiss. Die Hinweise verdichten sich erst im 18. Jahrhundert – dann auch zunehmend in Verbindung mit am Baum hängenden Nüssen, Früchten oder Gebäck für die Kinder. Noch hatte Christbaumschmuck keinen rein dekorativen Charakter: Die Gegenstände am Baum sollten einen (Nähr-)Wert besitzen. Nicht zuletzt, weil die Freude über essbaren Schmuck zu dieser Zeit sicher größer war als über reine Ziergegenstände. Weitgehend unbekannt: Der Baum musste mitnichten aufgestellt sein – auch von der Decke hängend, mit der Spitze nach unten, erfüllte er seinen Zweck.
Prächtig wird es dann im 19. Jahrhundert. Das wohlhabende Bürgertum demonstrierte mit üppigem Baumschmuck seinen Wohlstand: Kerzen, Bänder und Vorformen der Lametta, aus Zinnfolien gefertigt, machten den Weihnachtsbaum zum herrlich anzusehenden Prestigegegenstand – zum Ausdruck bürgerlicher, zum Teil aber auch adliger Repräsentation. Dazu kamen die Möglichkeiten, Christbaumschmuck wie Bilder und Figuren aus Papier oder Karton, aber auch Anhänger aus verschiedenen Metallen, industriell zu fertigen. Und diese im 19. Jahrhundert begründeten Traditionen folgen wir – im weitesten Sinne – heute noch.
RF/FAU