ArzneimittelPsyche

Wie gut helfen Antidepressiva wirklich?

CL/PZ/NK  |  25.04.2022

Lindern Antidepressiva die Symptome bei einer Depression? Dies stellt eine aktuelle Studie infrage. In einer großen Beobachtungstudie war die Lebensqualität depressiver Patienten nach zweijähriger Therapie mit Antidepressiva nicht signifikant besser als ohne Therapie. Doch Fachleute, die nicht an der Studie beteiligt waren, halten diese nur für bedingt aussagekräftig.

Junge Frau, sitzt im Bett und schaut nach draußen.
Eine groß angelegte Beobachtungsstudie deutet darauf hin, dass Antidepressiva langfristig nicht helfen.
© A75/iStockphoto

In der Studie verbesserten Antidepressiva die Lebensqualität depressiver Personen im Vergleich zu Personen, die keine Medikamente erhalten hatten, langfristig nicht. Dies berichten Forscher um Erstautor Dr. Omar A. Almohammed von der „King Saud University“, Saudi-Arabien, im Fachjournal Plos One.

Zwar war die Einnahme von Antidepressiva mit einer gewissen Verbesserung der psychischen Lebensqualität verbunden, doch unterschied sich weder diese noch die körperliche Komponente signifikant zu denjenigen, die keine Medikamente einnahmen. „Der ›Real-World‹-Effekt von Antidepressiva führt im Laufe der Zeit zu keiner kontinuierlichen Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität“, schlussfolgern die Forschenden. Sie weisen aber darauf hin, dass depressive Menschen trotzdem weiterhin ihre Medikamente einnehmen und diese nicht einfach ohne ärztliche Rücksprache absetzen sollten.

Im Durchschnitt wurden während des Zeitraums von 2005 bis 2016 jedes Jahr 17,47 Millionen Erwachsene mit Depressionen diagnostiziert. 57,6 Prozent von ihnen erhielten Antidepressiva, der Rest nicht. Die Arbeitsgruppe verglich, wie sich die gesundheitsbezogene Lebensqualität beider Gruppen nach zwei Jahren entwickelte. Ermittelt wurde dies mit Hilfe eines zwölfteiligen Fragebogens, der Rückschlüsse auf physische und psychische Gesundheit erlaubt.

Aussage der Studie ist begrenzt

Die Studie weist einige Limitationen auf. Neben fehlenden Angaben zum Schweregrad der Depressionen ist zudem nicht bekannt, ob die Patienten eine Psychotherapie erhalten haben. „Da mittlerweile sämtliche nationale und internationale Leitlinien die Psychotherapie als Methode der ersten Wahl empfehlen – bei schweren Formen und chronischen Verläufen in Kombination mit Antidepressiva – erscheint mir diese Nicht-Berücksichtigung sowohl aus wissenschaftlicher als auch konzeptioneller Sicht gravierend“, kommentiert Dr. Eva-Lotta Brakemeier, Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Greifswald, die Studie. Die Nicht-Berücksichtigung der Psychotherapie sei somit ein entscheidender methodischer Grund, der es unmöglich mache, das fehlende bessere Abschneiden der Antidepressiva-Gruppe kausal auf die Einnahme der Medikamente zurückzuführen.

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