21.09.2020
Es gibt Antibiotika, die nur für Ausnahmefälle vorgesehen sind. Diese sogenannten Reserveantibiotika sollen eigentlich nur dann verschrieben werden, wenn andere Medikamente nicht mehr wirken. Trotzdem kommen sie viel zu häufig zum Einsatz, wie das Wissenschaftliche Institut der Krankenkasse AOK (WIdO) meldet.
Im Jahr 2019 war jedes zweite für gesetzlich versicherte Patienten verordnete Antibiotikum ein solches Reservemedikament (53 Prozent). Jeder sechste Versicherte hat mindestens einmal ein solches Medikament erhalten. Diese Zahlen seien besorgniserregend hoch, sagt Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO.
Reserveantibiotika sollten nicht zur Therapie von unkomplizierten bakteriellen Infekten oder gar Erkältungen eingesetzt werden, sondern nur im Bedarfsfall bei schweren bakteriellen Erkrankungen. Das gilt etwa dann, wenn Standartantibiotika nicht mehr helfen. „Je sorgloser sie verordnet werden, desto resistenter werden Bakterien gegen Antibiotika. Die einstigen Wunderwaffen gegen Infektionskrankheiten werden durch ihren starken Einsatz sowohl in der Humanmedizin als auch in der Tierhaltung zunehmend stumpfer“, warnt Schröder.
Im Jahr 2012 waren 66 Prozent aller verordneten Antibiotika solche Reservemedikamente. Seitdem ist zwar ein leichter Rückgang zu verzeichnen, die Zahlen seien jedoch noch immer viel zu hoch. „Und das, obwohl man davon ausgehen kann, dass im ambulanten Bereich üblicherweise vergleichsweise harmlose Infektionen behandelt werden“, sagt Schröder. Der Experte ruft dazu auf, jede Antibiotikaverordnung kritisch zu hinterfragen. Die goldene Regel laute: „So wenig wie nötig und so gezielt wie möglich.“
NK