19.01.2017
Bislang konnten in Deutschland nur sehr wenige Patienten medizinisches Cannabis in Apotheken erwerben. Sie brauchten dafür eine Ausnahmeerlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und mussten das Mittel meist selbst bezahlen. Nun können Ärzte ihren Patienten Cannabis wie andere Medikamente verordnen, und die Krankenkassen müssen die Kosten übernehmen. Das Gesetz tritt mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger voraussichtlich in den nächsten Wochen in Kraft.
Zuletzt wurden noch einige Änderungen in den Gesetzentwurf aufgenommen: Ist ein Arzt der Meinung, dass seinem Patienten Cannabis besser als andere Therapien hilft, darf er das Mittel künftig verordnen, ohne dass der Patient vorher sämtliche Alternativtherapien durchlaufen muss. Außerdem darf die Krankenkasse die Kostenübernahme künftig nur "in begründeten Ausnahmefällen" ablehnen und muss ihr Nein dann detailliert belegen. Sie hat auch nur drei Tage Zeit zu entscheiden, ob ein Versicherter Cannabis erhalten darf oder nicht. Dies soll lange Wartezeiten etwa für Palliativpatienten verhindern. Bislang war es genau andersherum gewesen und Ärzte hatten ausführliche Beweise vorlegen müssen, warum es für einen Patienten neben Cannabis keine weiteren Therapieoptionen mehr gibt.
Der Bundestag stimmte auch dem Vorschlag des Bundesrats zu, künftig den Gehalt des Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) in medizinisch verwendeten Cannabisblüten zu standardisieren. Dies hatte zuvor auch die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände gefordert. Denn je nach Sorte ist der Gehalt des Wirkstoffs in den Blüten unterschiedlich hoch.
Angebaut werden soll das medizinische Cannabis künftig in Deutschland. Die Aufträge dafür soll eine staatliche Cannabisagentur vergeben, die eigens beim BfArM angesiedelt wird. Das BfArM kauft künftig die gesamte Produktion der Anbauer auf und verkauft sie an Arzneimittelhersteller, Großhändler und Apotheken weiter. Bis der Anbau in Deutschland funktioniert, sollen Patienten weiterhin mit importiertem Cannabis versorgt werden.
ap/PZ