Was ist das? - Definition
Die Angststörung ist im Gegensatz zur normalen Angst eine Erkrankung. Dabei verspürt die oder der Betroffene ein Gefühl von Angst und Furcht in einer speziellen, eigentlich ungefährlichen Situation. Krankhafte Angst gehört zu den häufigsten psychischen Erkrankungen.
Wie wird es noch genannt? - Andere Bezeichnungen
Wie kommt es dazu? - Mögliche Ursachen
Ein unangenehmes Gefühl von Bedrohung - Angst ist ein Phänomen, das jeder Mensch in unterschiedlichen Situationen bereits erlebt hat. Dabei ist Angst nicht grundsätzlich negativ: Angst hat eine wichtige Alarmfunktion. Sie soll den Körper schützen, indem sie zur Beseitigung der Gefahr oder Flucht aus dem Gefahrenbereich anregt. Nach Beseitigung der Gefahr soll das Gefühl wieder verschwinden. Ein Übermaß an Angst bewirkt das Gegenteil: Sie lähmt die Betroffenen.
Die Theorien zur Entstehung von Angststörungen sind ähnlich komplex wie die Störung selbst. Es gibt vermutlich genetische Ursachen und Faktoren der eigenen Lebensgeschichte, die verletzlich (vulnerabel) für die Entstehung einer Angststörung machen. Belastende Lebensereignisse können dann Angststörungen auslösen und aufrecht erhalten. Auch ängstliche Selbstbeobachtung oder Vermeidungsverhalten können eine Rolle spielen. Psychologisch werden mangelnde Konfliktlösungskompetenz, Verlust und Trennung und unbewusste Phantasien für die Entstehung verantwortlich gemacht. Auch Veränderungen von Hirngewebe und Hirnstoffwechsel sowie Hormone sollen einen Einfluss auf die Verarbeitung und Entstehung von Angst haben.
Wie macht es sich bemerkbar? - Symptome
Für Betroffene steht zunächst gar nicht die Angst im Vordergrund, sondern sie wenden sich mit körperlichen Symptomen an den Arzt:
- Schwindel
- Herzrasen, Herzklopfen
- Schweißausbrüche, Ohnmachtsanfälle
- verminderte Belastbarkeit
- Völlegefühl, Bauchschmerzen
Beispiele für spezifische Phobien sind:
- Agoraphobie (Platzangst): Angst, die mit dem Verlust der gewohnten Umgebung zusammenhängt.
- soziale Phobie: Angst, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit anderer zu stehen, im Gespräch etwas Lächerliches zu sagen oder nicht antworten zu können. Die Angst wird als übertrieben und unvernünftig erkannt.
- Spezifische Phobie vor Tieren (Zoophobie), Angst vor geschlossenen Räumen (Klaustrophobie), Höhen- und Flugangst (Akro- und Aviophobie), Angst sich anzustecken oder zu verletzen.
Wie geht es weiter? - Verlauf und Komplikationen
Für die individuelle Bedeutung der Störung stehen die Folgen der Angst im Vordergrund. Oft führt eine Angst vor der Angst zu einem ausgeprägten Vermeidungsverhalten. Das kann im schlimmsten Fall in den kompletten sozialen Rückzug münden, der aber für sich auch wieder neue Angst schüren kann. Die Erkrankung beeinträchtigt dann auch nahe stehende Personen erheblich.
Was kann noch dahinter stecken? - Krankheitsbilder mit ähnlichen Symptomen
- Manchmal tritt zusammen mit der Angst auch eine depressive Verstimmung auf. Stehen die depressiven Symptome wie gedrückte Stimmung, Freud- und Interessenlosigkeit aber im Vordergrund, kann es sich auch um eine Depression handeln, bei der die Angst nur ein Symptom dieser Erkrankung ist.
- Angst vor Krankheiten (Nosophobie) oder körperlicher Entstellung wird als hypochondrische Störung bezeichnet.
- Angstattacken ohne Anlass oder Angst-Objekt werden als Panikstörung bezeichnet.
- Übertriebene Angst, die den Alltag einnimmt, z.B. ständige Angst, dass dem Partner oder Kind etwas zustößt, wird als generalisierte Angststörung bezeichnet.
Hausmittel und Verhaltenstipps
Ziel der Therapie ist, dass der Patient seine Beschwerden als Ausdruck von Angst erkennt und zu seiner Angst steht.
Viel versprechend ist die Verhaltenstherapie. Dabei werden zunächst Angst auslösende Situationen besprochen. Später kann der Patient mit dem Therapeuten sich der entsprechenden Situation stellen. Der Betroffene soll erfahren, dass in Wirklichkeit gar keine Gefahr droht. Zusätzlich kann eine Behandlung mit Medikamenten sinnvoll sein.
Entspannungsverfahren wie Biofeedback, autogenes Training oder Muskelübungen sind Grundlage einiger Therapien. Sie können vom Patienten selbst angewendet werden.
Mit gutem Erfolg lassen sich spezifische Phobien behandeln. Bei Flugangst bieten zum Beispiel Luftfahrtgesellschaften spezielle Seminare an, die helfen können, die Angst zu überwinden.
Bearbeitungsstand: 23.07.2012
Quellenangaben:
Mutschler, Arzneimittelwirkungen, Wiss.Verl.-Ges., (2008), Aufl. 9 - Gehlen, Delank, Neurologie, (2010), 12. Auflage - W.F. Haupt et al., Neurologie und Psychiatrie für Pflegeberufe, Thieme, (2009), 10. Auflage
Die Information liefert nur eine kurze Beschreibung des Krankheitsbildes, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Sie sollte keinesfalls eine Grundlage sein, um selbst ein Krankheitsbild zu erkennen oder zu behandeln. Sollten bei Ihnen die beschriebenen Beschwerden auftreten, wenden Sie sich an Ihren Arzt oder Apotheker.
Angststörung: Behandlung
Eine Angststörung bleibt oft lange Zeit unerkannt und eine Behandlung beginnt erst relativ spät – insbesondere, wenn sich die Angststörung vorwiegend durch körperliche Symptome bemerkbar macht, kann viel Zeit vergehen, bis die Erkrankung diagnostiziert wird.
Bei möglichen Anzeichen einer Angststörung sollten Sie sich nicht scheuen, den Arzt darauf anzusprechen oder einen Psychologen aufzusuchen, denn: Je früher eine Angststörung behandelt wird, desto größer ist auch die Chance, die Erkrankung zu bewältigen.
Zur Behandlung einer Angststörung sind zwei Ansätze von besonderer Bedeutung:
- die Psychotherapie und
- die Therapie mit Medikamenten.
Wie die Behandlung konkret aussieht, ist vor allem davon abhängig,
- welche Angststörung der Patient hat,
- wie schwer diese ausgeprägt ist und
- welche individuellen Vorlieben und Wünsche die betroffene Person hat.
Psychotherapie
Psychotherapie ist nicht gleich Psychotherapie: Es gibt ganz unterschiedliche psychotherapeutische Möglichkeiten zur Behandlung einer Angststörung. Als besonders effektiv hat sich die kognitive Verhaltenstherapie erwiesen. Aber auch andere Ansätze können Erfolg bringen, so etwa psychodynamische Verfahren.
Kognitive Verhaltenstherapie
Die Gedanken wirken sich auf die Gefühle aus – das ist eine der Grundannahmen der kognitiven Verhaltenstherapie. Das heißt: Je nachdem, wie eine Person eine Situation interpretiert, wird sie dabei unterschiedliche Gefühle empfinden. Ein Beispiel: Für manche Menschen ist der Anblick einer Schlange mit großer Angst verbunden, andere werden dagegen vielleicht interessiert und neugierig sein und das Tier genauer betrachten wollen. Forscher sind der Meinung, dass bestimmte prägende oder immer wieder auftretende Ereignisse im Leben eines Menschen dazu führen können, dass Situationen unbewusst falsch bewertet und überinterpretiert werden. Im Falle einer Angststörung bedeutet das: Der Betroffene befürchtet, dass die Situation gefährlich ist, obwohl aus objektiver Sicht keine Gefahr besteht. So ist die Angst vor Spinnen hierzulande eigentlich unbegründet, eine Spinne wird aber von Personen mit einer Spinnenphobie als bedrohlich wahrgenommen. In der kognitiven Verhaltenstherapie sollen diese meist automatisch ablaufenden fehlerhaften Bewertungen und Denkstrukturen aufgedeckt und verändert werden, um die Angst abzubauen.
Neben dem Erkennen von ungünstigen Denkweisen erfährt der Betroffene auch durch eine Veränderung seines Verhaltens, dass seine Ängste unbegründet sind. Eine Verhaltensänderung kann etwa bedeuten, dass die Person ganz gezielt Situationen aufsucht, die sie vorher aus Angst gemieden hat – und so erfährt, dass ihr dort nichts Schlimmes passiert. Um neue Verhaltensweisen zu üben, kann es sinnvoll sein, dass sich der Betroffene gemeinsam mit seinem Therapeuten direkt in eine Angstsituation begibt (sog. Exposition). Hat beispielsweise die Person Angst vor dem Aufenthalt im Fahrstuhl, wird sie das Fahrstuhlfahren so lange üben, bis die Angst deutlich nachgelassen hat. In den Übungen wird der Schwierigkeitsgrad meist langsam gesteigert – wenn die Angst sehr groß ist, kann es sinnvoll sein, die Situationen zunächst nur in Gedanken durchzuspielen, bis die Angst etwas abgeklungen ist.
Psychodynamische Verfahren
Zu den psychodynamischen Verfahren zählen die tiefenpsychologisch fundierte und die analytische Psychotherapie. Beide Therapieformen gehen auf die Psychoanalyse zurück und nehmen deutlich mehr Zeit in Anspruch als eine Verhaltenstherapie; bis zum Abschluss der Behandlung können mehrere Jahre vergehen. Ansatz der psychodynamischen Verfahren ist, dass unbewusste innere Konflikte die Angststörung auslösen. Entsprechend ist das Ziel der Therapie, diese Konflikte aufzudecken und zu lösen.
Psychodynamische Verfahren werden empfohlen, wenn die kognitive Verhaltenstherapie nicht erfolgreich war oder wenn der Betroffene diesen Ansatz bevorzugt.
Neben Verhaltenstherapie und psychodynamischen Therapien gibt es noch viele weitere Ansätze, die nicht alle von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.
Medikamente
Neben der Psychotherapie können Medikamente hilfreich sein, um eine Angststörung zu bewältigen. Oft handelt es sich dabei um Antidepressiva, die eine beruhigende und angstlösende Wirkung haben. Sie beeinflussen die Konzentration unterschiedlicher Botenstoffe im Gehirn, u.a. von Serotonin oder Noradrenalin. Es gibt unterschiedliche Antidepressiva, die bei einer Angststörung empfohlen werden, so vor allem:
- Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI),
- Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI),
- Trizyklische Antidepressiva (TZA) oder
- Moclobemid
Antidepressiva wirken nicht sofort – es dauert mindestens zwei Wochen, bis der volle Effekt zu spüren ist.
Neben den Antidepressiva können auch weitere Wirkstoffe bei einer Angststörung verschrieben werden, zum Beispiel
Welches Medikament infrage kommt, kann individuell ganz verschieden sein. Dabei kann es nötig sein, unterschiedliche Wirkstoffe zu probieren, da jeder Mensch etwas anders darauf reagiert.
Unterstützende Behandlungsmöglichkeiten
Neben Psychotherapie und Medikamenten gibt es weitere, unterstützende Möglichkeiten, die dabei helfen, eine Angststörung zu bewältigen. Dazu zählen zum Beispiel:
- Körperliche Bewegung: Mit Sport allein kann man eine Angststörung zwar nicht heilen – Aktivität wirkt sich aber positiv auf das Wohlbefinden aus!
- Entspannungsverfahren:Entspannungsverfahren kommen auch im Rahmen einiger Psychotherapien zum Einsatz. Eine effektive Methode in der Behandlung einer Angststörung ist zum Beispiel die Progressive Muskelanspannung. Fragen Sie Ihren Arzt oder Therapeuten, welches Entspannungsverfahren für Sie infrage kommt!
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Letzte Aktualisierung: Februar 2017