27.03.2017
Neue Studien könnte die Behandlung von chronischen Rückenschmerzen revolutionieren. Die dänische Forscherin Dr. Hanne Albert hat herausgefunden, dass im Gewebe vieler Patienten Bakterien vorhanden sind, die dort Entzündungen und Ödeme verursachen. Für ihre Arbeit wurde Albert mit dem Deutschen Schmerzpreis ausgezeichnet, der im Rahmen des Deutschen Schmerz- und Palliativtages 2017 in Frankfurt am Main überreicht wurde.
Ungefähr die Hälfte der Patienten mit chronischen Schmerzen im unteren Rücken weisen bei Untersuchungen im MRT Ödeme im Knochenmark auf. Bei ersten Untersuchungen konnte Albert in dem nach einem Bandscheibenvorfall entnommenen Gewebe bei mehr als 50 Prozent der Patienten Bakterien nachweisen. Zu einem Großteil war das Gewebe mit P. acnes infiziert. Dieses Bakterium, das zur natürlichen Mundflora gehört, kann über kleine Verletzungen, die beim Zähneputzen entstehen, ins Blut gelangen. Über neu gebildete Kapillaren an dem ausgetretenen Gewebe der Bandscheibe gelangen die Bakterien schließlich ins Innere der Bandscheibe und verbleiben dort auch nach einer Ausheilung des Bandscheibenvorfalls und verursachen Entzündung, Knochenödeme und Schmerzen.
So entstand die Idee, in einer Pilotstudie zu testen, ob Antibiotika gegen den Bakterienbefall und damit auch gegen die Rückenschmerzen der Patienten wirken. Bereits in einer erste Studie zeigte eine erhebliche Verbesserung – sowohl bei den Schmerzsymptomen als auch den funktionellen Beschwerden der Patienten. Weitere randomisierte, placebo-kontrollierte Studien bestätigen das Ergebnis. Die Patienten erhielten über einen Zeitraum von 100 Tagen 3-mal täglich 1.000 mg Amoxicillin. Erste Effekte zeigten sich nach 6 bis 8 Wochen und setzten sich über Zeitraum von einem Jahr fort, in einer weiteren Studie sogar über zwei Jahre. Albert sagt jedoch deutlich, dass nicht alle Rückenschmerz-Patienten mit Antibiotika behandelt werden können. Bei denjenigen, bei denen Bakterien eine Rolle spielen, sei die Wirkung jedoch enorm.
NK