27.08.2018
Etwa sieben Prozent aller Frauen erkranken nach der Entbindung an einer autoimmun bedingten Unterfunktion der Schilddrüse, einer sogenannten Hashimoto-Thyreoiditis. „Oft dauert es lange, bis die Diagnose gestellt wird“, sagt Privatdozent Dr. med. Joachim Feldkamp vom Klinikum Bielefeld. Die Krankheitszeichen wie anhaltende Erschöpfung, Reizbarkeit oder Schlaflosigkeit würden häufig mit der neuen Belastungssituation in Verbindung gebracht und als „Baby-Blues“ fehlinterpretiert.
Eine nachgeburtliche Hashimoto-Thyreoiditis kann sich etwa sechs bis 52 Wochen nach der Entbindung entwickeln. Anfangs kommt es oft zunächst zu einer Schilddrüsenüberfunktion mit Nervosität, beschleunigtem Herzschlag und verstärktem Schwitzen. Daran schließt sich häufig eine Phase der Schilddrüsenunterfunktion an, in der die Frauen an Antriebsschwäche, Lustlosigkeit, unerklärlichen Tränenausbrüchen oder Ängsten leiden. „Ein Bluttest klärt, ob eine Schilddrüsenentzündung vorliegt. Für jede Phase stehen wirksame Medikamente bereit, so dass es den Patientinnen in der Regel schnell besser geht“, sagt Feldkamp. Bei einem Teil der Frauen bilde sich die Erkrankung nach einem Jahr von ganz allein zurück.
„Besonders gefährdet sind Frauen, bei denen schon vor oder während der Schwangerschaft erhöhte Schilddrüsen-Antikörper – sogenannte TPO-Antikörper – festgestellt wurden, also Frauen mit einer Neigung zu Hashimoto oder Morbus Basedow sowie Diabetikerinnen“, sagt der Endokrinologe. Ein erhöhtes Risiko haben zudem Frauen, bei denen Schilddrüsenerkrankungen in der Familie vorkommen. „Junge Mütter mit Symptomen einer Wochenbettdepression sollten grundsätzlich hinsichtlich einer Störung ihrer Schilddrüsenfunktion untersucht werden“, betont auch Professor Dr. med. Sven Diederich, Vizepräsident der DGE aus Berlin.
DGE/HH