30.11.2017
Schätzungsweise 12 700 Menschen in Deutschland wissen nicht, dass sie mit dem HI-Virus infiziert sind. Das zeigen aktuelle Zahlen, die das Robert Koch-Institut anlässlich des Welt-AIDS-Tages am 1. Dezember veröffentlicht hat. Ein HIV-Selbsttest, der ähnlich wie ein Schwangerschaftstest zu Hause durchgeführt werden kann, wäre eine Möglichkeit, diese hohe Dunkelziffer zu verringern. Dafür spricht sich die Gesellschaft für Virologie (GfV) aus – weist aber auch auf die damit verbunden Risiken hin.
Seit Jahren werde bei über einem Viertel der HIV-Neudiagnosen die Infektion erst dann festgestellt, wenn sie bereits fortgeschritten ist. „Das bedeutet, dass wir trotz der vielen, auch anonymen und kostenlosen Angebote für einen HIV-Test, nicht alle Infizierten erreichen“, sagt Professor Dr. med. Josef Eberle vom Max von Pettenkofer-Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München. Für diese Menschen könnte ein Selbsttest, wie er in mehreren Ländern bereits erhältlich ist, eine Chance sein.
In Deutschland darf ein solcher Test bislang nicht an Privatpersonen abgegeben werden. Derzeit wird jedoch geprüft, ob die Medizinprodukte-Abgabeverordnung entsprechend verändert werden sollte. Die GfV weist jedoch auf mögliche Probleme hin: „HIV-Schnelltests mit CE-Prüfzeichen, die Blut aus der Fingerkuppe verwenden, sind zwar mit HIV-Labortests der vierten Generation durchaus zu vergleichen“, erklärt Eberle. Werden sie in einer sehr frühen Phase der Infektion verwendet, seien sie Labortests jedoch unterlegen. „Ein Betroffener wiegt sich also womöglich in falscher Sicherheit, und dies zu einem Zeitpunkt, zu dem das Übertragungsrisiko besonders hoch ist“, sagt Eberle. Erst drei Monate nach einer möglichen Ansteckung liefere ein Selbsttest ein sicheres Ergebnis. Zudem weisen Tests stets eine gewisse Fehlerquote auf – ein positives oder negatives Ergebnis kann falsch sein.
Trotz Bedenken befürworten die GfV-Experten die Selbsttests, um die weitere Ausbreitung der HIV-Infektion zu verhindern und Infizierten einen frühzeitigen Therapiebeginn zu ermöglichen. Es müsse jedoch gewährleistet sein, dass die Tests klare Informationen wie den Hinweis auf die Drei-Monats-Frist und die mögliche Fehlerquote enthalten. Zudem sollten Nutzer darüber informiert werden, dass 72 Stunden nach einer eventuellen Infektion die Möglichkeit einer Postexpositionsprophylaxe (PEP) durch HIV-Medikamente besteht.
GfV/NK