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Fußball-WM: Sind die Weltmeister zu satt?

18.06.2018

Die Enttäuschung war groß nach dem Auftaktspiel der deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Russland. Trainer und Team tun sich schwer, die schwache Leistung zu erklären – doch die Hirnforschung könnte dabei helfen.

Erfolg führt zu schlechterer Leistung auf dem Fußballplatz.
Auch erfolgreichen Spielern fehlen in bestimmten Momenten die entscheidenden Zentimeter.
© picture alliance/Ramil Sitdikov/Sputnik/dpa

Möglicherweise ist es der Erfolg vergangener Jahre, der die deutsche Mannschaft hemmt. Das erklärt Professor Dr. Hans-Peter Thier in einer Mitteilung der Hertie-Stiftung: „Teams, die immer wieder Titel erringen, sind irgendwann übersättigt – für sie ist es einfach nicht mehr ausreichend wichtig, wieder zu gewinnen.“ Was zuerst nach Fußballstammtisch klingt, hat einen wissenschaftlichen Hintergrund: „Wir führen Bewegungen mit maximalem Einsatz aus, wenn das Ziel neu und wichtig ist“, so Professor Thier mit Blick auf seine Forschung. „Aber Bekanntes wird schnell langweilig, die Bewegung verliert an Bedeutung und wird nicht mehr mit dem nötigen Einsatz ausgeführt.“ Das soll gerade erfolgreiche Teams wie den viermaligen Weltmeister Deutschland hemmen.

In der Tat stützt die Statistik diese Argumentation: Bei drei der letzten vier WM-Turniere schied der amtierende Weltmeister schon in der Vorrunde aus. Und erst zweimal gelang es einer Mannschaft, den Titel zu verteidigen – Italien in der Frühzeit des Fußballs im Jahr 1938 sowie Brasilien mit dem Jahrhundertfußballer Pelé 1962 in Chile. Doch natürlich verändern sich die Mannschaften mit der Zeit. Erfahrenere Spieler treten ab, junge und vor allem erfolgshungrige Neulinge reihen sich ein. Auch die deutsche Mannschaft, die gegen Mexiko 0:1 unterlag, war nicht das Weltmeisterteam von 2014: Mit Werner, Kimmich und Plattenhardt standen drei Spieler erstmals bei einem WM-Spiel in der Startelf – und taten sich mindestens so schwer wie die erfolgsverwöhnten Kollegen. Dabei entspricht die Mischung sogar der Empfehlung des Kognitionsforschers Thier: „Das Entscheidende ist nicht das Alter der Spieler, sondern ihre Erfahrung und die Gier, etwas erreichen zu wollen.“

So sieht Professor Thier, Neurobiologe am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung in Tübingen, durchaus auch in diesem Turnier noch die Chance, dass die deutsche Mannschaft sich fängt: „Dem Bundestrainer kann es aus meiner Sicht aufgrund seiner Erfahrung noch gelingen, aus der Mischung erfahrener und junger Spieler eine geschlossene und hochmotivierte Mannschaft zu formen.“

MB

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