08.01.2016
Chronisch kranke Patienten sollen künftig einfacher Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten. In bestimmten Fällen sollen dann auch die Krankenkassen die Kosten für eine entsprechende Therapie übernehmen. So steht es in einem Gesetzentwurf aus dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG), der der Pharmazeutischen Zeitung vorliegt.
Nach Angaben des BMG kommt Cannabis vor allem in der Behandlung von Schmerzpatienten immer häufiger zum Einsatz. Im Oktober 2015 hätten bereits 527 Personen eine Genehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) dafür besessen. Die soll nun in Zukunft nicht mehr nötig sein. Nach dem Willen von Gesundheitsminister Hermann Gröhe sollen Ärzte bald regulär und ohne vorherige Genehmigung Cannabisblüten und -extrakt auf einem Betäubungsmittel-Rezept verschreiben können, wenn sie eine solche Therapie für erforderlich halten. Die Patienten können die Verordnung dann in der Apotheke einlösen und erhalten die Droge dort in kontrolliert pharmazeutischer Qualität.
In "eng begrenzten Ausnahmefällen" sollen künftig zudem die Krankenkassen die Kosten für eine Therapie mit Cannabis übernehmen. Dem Gesetzentwurf zufolge gilt das für Versicherte mit einer schweren chronischen Krankheit, sofern für die Behandlung keine allgemein anerkannte und dem medizinischen Standard entsprechende Alternative zur Verfügung steht. Darüber hinaus muss eine "nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome" bestehen. Der Patient muss sich zudem verpflichten, an einem Forschungsvorhaben zum Einsatz entsprechender Arzneimittel teilzunehmen. Aus den Ergebnissen dieser Studie soll abgeleitet werden, unter welchen Voraussetzungen die Kassen zukünftig für die Kosten einer Cannabis-Therapie aufkommen müssen.
Mit dem Gesetzentwurf will die Koalition darüber hinaus in Deutschland den kontrollierten Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken ermöglichen. Das BfArM soll dafür die Aufgaben einer sogenannten Cannabisagentur übernehmen, an die alle Anbauer die gesamte Ernte abliefern müssen. Den voraussichtlichen Bedarf an Medizinalhanf soll das Institut vorab festlegen und den Auftrag zum Anbau im Rahmen einer Ausschreibung an Produzenten mit einer entsprechenden Genehmigung vergeben. Nach der Ernte soll das BfArM die Pflanzen aufkaufen und anschließend insbesondere an Apotheken, Arzneimittelhersteller oder Großhändler vertreiben. Den Eigenanbau von Cannabis durch Patienten lehnt das BMG hingegen strikt ab. Das komme "aus gesundheits- und ordnungspolitischer Sicht nicht in Betracht", heißt es.
sch/PZ