Arzneimittel

Kortison nicht einfach absetzen

Hanke Huber  |  15.04.2019

Menschen, die Kortison einnehmen, bekommen oft zu hören, dass man es am Ende des Therapiezeitraums nicht einfach absetzen darf, sondern ausschleichen muss. Doch warum eigentlich? Und vielleicht noch wichtiger: Was passiert, wenn man sich nicht daran hält?

 Kortison muss langsam ausgeschlichen werden, damit es nicht zu unerwünschten Wirkungen kommt.
Kortison muss langsam ausgeschlichen werden, damit es nicht zu unerwünschten Wirkungen kommt.
© fizkes/iStockphoto

Um zu verstehen, was Kortison-Tabletten bewirken, muss man den natürlichen Stoffwechsel der Kortison-ähnlichen Steroidhormone im Körper genauer betrachten. Diese Hormone spielen bei vielen Vorgängen eine wichtige Rolle, zum Beispiel beim Fett-, Zucker- oder Knochenstoffwechsel oder beim Mineralhaushalt. "Das körpereigene Hormon wird von der Nebennierenrinde gebildet – und zwar immer dann, wenn Bedarf besteht", erläutert Apothekerin Dr. Ursula Sellerberg von der ABDABundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V. "Führt man nun Kortison von außen zu, dann registriert der mit dem Gehirn verknüpfte Regelkreis 'Achtung! Es ist genug Kortison da!' und fährt die eigene Produktion herunter."

Der Körper reagiert langsam

Erhält der Körper diese Botschaft über einen längeren Zeitraum, bildet sich die Nebennierenrinde zurück, weil das Gewebe nicht mehr benötigt wird. "Das an sich ist noch nicht das Problem beim Absetzen", sagt Sellerberg. Werde die Kortison-Zufuhr jedoch ruckartig gestoppt, müsse der Körper erst einmal realisieren, dass etwas fehlt und dass er die Produktion wieder hochfahren muss. Das dauert seine Zeit, und während dieser Phase kann ein Kortison Mangel auftreten.

"Es kommt zu einem Steroid-Entzug, der sich durch Schwäche, Müdigkeit, Übelkeit oder Gelenkschmerzen bemerkbar machen kann. Der Blutdruck sinkt, man ist verwirrt", erklärt Sellerberg. Darüber hinaus kann ein abruptes Absetzen dazu führen, dass die Krankheit, wegen der das Kortisonpräparat ursprünglich eingenommen wurde, erneut aufflammt. Deshalb schleicht man Kortison, wenn man es nicht mehr benötigt, langsam aus. In dieser Zeit kann sich die Nebennierenrinde langsam wieder aufbauen.

Es gibt zahlreiche Kortison-ähnliche Wirkstoffe, sogenannte Kortikoide, die unterschiedlich stark wirken und dementsprechend verschiedenen Klassen zugeordnet sind. Damit das Ausschleichen immer ähnlich erfolgt, orientieren sich die Ärzte dabei am Wirkstoff Prednisolon. Jede Woche reduziert man die tägliche Dosis um die Menge, die ungefähr 5 Milligramm Prednisolon entspricht. Bis man den Wert erreicht, den der Körper normalerweise selbst produziert, können mehrere Wochen vergehen. Ab wann genau man ausschleichen und wie langsam die Dosis reduziert werden sollte, entscheidet immer der Arzt.

Einnahme im natürlichen Rhythmus

Generell verträgt der Patient Kortison am besten, wenn die Arzneimittel-Gabe dem natürlichen Rhythmus des Körpers folgt. Dort unterliegt es einem zirkadianen Rhythmus, das heißt, es gibt Veränderungen im Tagesverlauf: morgens befindet sich mehr davon im Blut als abends. "Den höchsten Wert hat man morgens zwischen vier und acht Uhr, abends liegt der Wert am niedrigsten", so Sellerberg.

Wird Kortison als Arzneimittel morgens gegeben, dann verträgt es der Körper besser, abends schlechter und es geht dann auch mit mehr Nebenwirkungen einher. "Daraus kann man relativ schnell ableiten, welche Darreichungsformen weniger gut sind: Zum Beispiel Depotspritzen, bei denen der Wirkstoff kontinuierlich über mehrere Tage ins Blut aufgenommen wird", sagt Sellerberg. Deswegen verabreiche man diese normalerweise nur noch in Notfällen.

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