Natascha Plankermann
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01.03.2023
Der Corona-Test ist längst wieder negativ, aber der Kaffee oder das Käsebrot munden immer noch nicht: "Da hinter steckt möglicherweise ein Geschmacksverlust als Symptom von Long Covid, der bis zu acht Wochen anhalten kann", sagt Dr. Carsten König, erfahrener Hausarzt und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen VereinigungNordrhein. Der Experte weiß: Inzwischen gibt es bis zu 200 Symptome von Long- und Post-Covid, häufige ebenso wie seltene. Viele Betroffene fühlen sich zum Beispiel schon nach dem Treppensteigen erschöpft − Experten sprechen von Fatigue − oder leiden unter quälendem Husten. Lähmungen oder Schwindel hingegen gehören laut der aktuellen Leitlinie zur Behandlung von Covid-Folgen zu den eher seltenen Nachwirkungen.
Bei längeren Corona-Folgen zuerst zum Hausarzt
"Wenn Symptome nach einer Coronaerkrankung anhalten und ein Zusammenhangvermutet wird, sollte man am besten zum Hausarzt gehen", rät König. Der Allgemeinmediziner stellt die Krankheitsanzeichen durch gezielte Fragen und Untersuchungen fest. Dazu können neben Laboranalysen des Blutes auf Entzündungswerte auch ein Ultraschall des oberen Bauchbereichs oder ein Lungenfunktionstest gehören. So wird auch eine andere mögliche Erkrankung als Ursache ausgeschlossen. Sobald ärztlicherseits die Symptome einem Long-Covid-Syndrom zugeordnet worden sind, kann auch Abwarten und zum Beispiel eine fortgesetzte Linderung des Hustens mit entsprechenden Medikamenten aus der Apotheke das Mittel der Wahl sein. "Oftmals verschwinden die gesundheitlichen Probleme nach einiger Zeit wieder", beruhigt der Experte. Erst wenn sich die Beschwerden als komplex erweisen, also etwa Konzentrationsprobleme in Verbindung mit Muskel- oder Gelenkschmerzen hartnäckig bestehen bleiben, müssen die Fachleute tiefer in die Diagnostikkiste greifen. Dann werden je nach Fall auch Experten aus der Lungenheilkunde, für Herz-Kreislauf- oder Magen-Darm-Erkankungen sowie für neurologische Probleme mit einbezogen.
Darüber hinaus gibt es bundesweit rund 90 Long-Covid-Ambulanzen an Kliniken, zu denen Patienten mit schweren Verläufen geschickt werden können, wenn niedergelassene Fachärzte an ihre Grenzen gelangen. König: "Allerdings muss man dort gegebenenfalls mit langen Wartezeiten rechnen."
Behandelt werden bisher nur die Symptome
Steht fest, dass die Symptome durch eine Corona-Infektion verursacht wurden, so gibt es laut dem Mediziner bisher keine ursächliche Therapie im Sinne einer Heilung. "Wir behandeln die Anzeichen sehr individuell", erklärt König und zählt einige Möglichkeiten auf:
- Atemtherapie bei Luftnot
- Krankengymnastik bei muskulären Beschwerden
- vorsichtige und angepasste eigene Aktivität wie etwa Spazierengehen oder Schwimmen – unbedingt zu Beginn auf niedrigem Niveau
- Medikamente bei Schmerzen
- Psychotherapie bei depressiven Verstimmungen
Vor allem hinsichtlich der körperlichen Aktivität habe man laut König inzwischen einiges hinzugelernt: "Anders als bei anderen viralen Erkrankungen sollten sich Patienten bei bestehenden Symptomen und beginnender Besserung sehr vorsichtig zurück in die Normalität ›tasten‹. Es ist wichtig, auf ausreichende Ruhephasen zu achten. Sonst können Symptome, die zunächst verschwunden waren, wieder auftretenund sich sogar verschlimmern." Die Experten nennen dieses Vorgehen Pacing.
Unterstützung durch Selbsthilfe-Gruppen
In einer solchen Situation kann es hilfreich sein, sich mit anderen Betroffenen in einem Selbsthilfeverband auszutauschen. König: "Es gibt stetig neues Wissen zu Long Covid, sodass die Selbsthilfe ergänzend zu den behandelnden Ärzten und Psychotherapeuten eine gute Informationsquelle darstellt. Ferner sind solche Gruppen eine gute Stütze bei Alltags problemen, um Hinweise zu bekommen und von Erfahrungen zu hören." Bei der Suche nach Selbsthilfe-Angeboten vor Ort kann man im Internet beginnen. Zum Beispiel finden sich auf der Webseite www.nakos.de in einer Datenbank lokale Selbsthilfe-Kontaktstellen.
Was für den Allgemeinmediziner darüber hinaus zählt: "Die beste Therapie stellt in diesem Fall die Prävention – also die Impfung – dar." Selbst wenn man sich dann immer noch infizieren kann, hilft nach Worten von König die vollständige Impfung gegen schwere Verläufe und dadurch auch gegen Krankenhauseinweisungen. Zudem zeigen Studien, dass Geimpfte seltener an Long Covid erkranken.