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11.03.2025 09:57 Uhr
Patienten mit Long-Covid leiden zum Teil noch Jahre nach ihrer Infektion unter Symptomen wie extremer Erschöpfung, Gedächtnisproblemen oder Atemnot. Bislang ist es nicht möglich, die Krankheit ursächlich zu behandeln. Möglicherweise könnte sich dies zukünftig ändern: Eine Forschungsgruppe am Universitätsklinikum Leipzig um Dr. Marco Leitzke hat einen vielversprechenden Therapieansatz entdeckt: Nikotinpflaster. Das Team führte ein Review und eine Fallstudie durch, die Ergebnisse sind kürzlich im Fachjournal „Journal Bioelectronic Medicine“ erschienen.
Wie kann Nikotin bei Long-Covid helfen?
Ihrer Forschung zufolge könnte das Spike-Protein des Coronavirus bestimmte Rezeptoren im Körper blockieren, die eine wichtige Rolle für das Nervensystem spielen. Diese Blockade könnte die Ursache für viele der typischen Long-Covid-Symptome sein. Und hier kommt das Nikotin ins Spiel: Es besitzt eine starke Affinität zu genau diesen Rezeptoren. Die Forscher vermuten, dass Nikotin das Spike-Protein verdrängen und somit die normalen Körperfunktionen wiederherstellen könnte.
Positive Ergebnisse bei Betroffenen
Um die Hypothese zu untersuchen, wurden mehrere Long-Covid-Patienten mit Nikotinpflastern behandelt – mit beeindruckenden Ergebnissen: „Bei der Behandlung mehrerer Patienteninnen und Patienten mit Long-Covid-Syndrom durch die Anwendung von Nikotinpflastern konnten wir Verbesserungen beobachten, die von sofortigen und erheblichen bis hin zu vollständigen Remissionen innerhalb sehr unterschiedlicher Zeiträume reichten“, erklärt Leitzke in einer Pressemitteilung seiner Klinik. Mit modernster Bildgebung konnten sie bei einer Patientin auch zeigen, dass nach der Anwendung eines Nikotinpflasters die betroffenen Rezeptoren wieder frei wurden. Zusätzlich befragte das Forschungsteam 231 Long-Covid-Betroffene, die Nikotinpflaster nutzten. Bei 73,5 Prozent der Teilnehmer verbesserten sich die Symptome signifikant.
Leitzke weiter: “Die Studie ist auf jeden Fall zukunftsweisend. Obgleich sie einer Ausdehnung auf weitere Forschung bedarf, sind die bisherigen Behandlungsergebnisse bereits vielversprechend. Über Selbsthilfegruppen und durch meine Studien stehe ich mit vielen Betroffenen weltweit im Austausch. Ein Großteil von ihnen spricht bezüglich der Nikotinpflaster-Therapie von einem ‚Gamechanger‘ auf ihrem langen Leidensweg mit Long-Covid. Durch die Befreiung der blockierten Rezeptoren und die Wiederherstellung der physiologischen Prozesse nehmen ihre Symptome stetig ab. Viele von ihnen können nun wieder ein normales Leben führen und teilen mit mir ihre großartigen Erfolge.”
Nikotin-Pflaster machen nicht abhängig
Ein großer Vorteil: Nikotinpflaster sind Leitzke zufolge nicht suchterzeugend und erhöhen auch nicht das Risiko für Krebs . Damit könnte die Behandlung eine sichere und effektive Möglichkeit sein, Long-Covid-Symptome zu lindern.
Die Leipziger Forscher vermuten, dass Nikotinpflaster nicht nur bei Long-Covid helfen könnten. Auch Erkrankungen wie das Chronische Erschöpfungssyndrom (ME/CFS), Fibromyalgie und das sogenannte Post-Vakzinierungssyndrom (PVS) könnten durch die gleiche Rezeptor-Blockade entstehen. In ersten Untersuchungen zeigten sich auch hier positive Effekte durch die Nikotinpflaster-Therapie.
Noch weitere Studien notwendig
Trotz der vielversprechenden Ergebnisse gibt es noch offene Fragen. Die bisherigen Untersuchungen basieren auf einer kleinen Fallstudie und einer Befragung von Betroffenen. Um den genauen Wirkmechanismus und die langfristigen Effekte zu verstehen, sind umfangreichere klinische Studien erforderlich.
DOI: 10.1186/s42234-025-00167-8