Mittlerweile ärgert sich Ursula T. (62) nicht mehr. Ganz anders gestern Nachmittag, als es in der Apotheke hieß, sie solle am nächsten Morgen wiederkommen. Möglichst früh. Dann seien die Beine noch nicht so geschwollen, hatte ihr die Apothekerin erklärt. Als Ursula T. am nächsten Morgen einen Blick auf ihre Beine wirft, sieht sie es. Die Knöchel sind schlanker, die Schwellungen verschwunden. Wenn die Apothekerin ihr die Strümpfe gestern angemessen hätte, wären sie sicher zu groß ausgefallen.
Druck nach Maß
Jetzt sitzt sie im Beratungszimmer ihrer Apotheke. Ein Bein liegt auf einem speziellen Maßbrett. Die Apothekerin hat Maßband und eine Karte bereitgelegt, in die sie die gemessenen Werte einträgt. Um Kompressionsstrümpfe anpassen zu dürfen, die "auf Kasse" verordnet sind, hat sie eine spezielle Schulung absolviert. Etliche Messungen von Längen und Umfängen an Knöchel und Bein sind notwendig, um die Größe der Strümpfe bestimmen zu können. "Die Werte müssen an jedem Bein separat gemessen werden, denn niemand hat zwei vollkommen identische Beine", erklärt die Apothekerin und legt das Maßband an.
"Ihre Strümpfe müssen wir anfertigen lassen", sagt sie, nachdem sie ihre Messwerte mit einer speziellen Konfektionstabelle verglichen hat. Dazu wird sie dem Hersteller die Werte übermitteln. Der gibt sie in eine computergesteuerte Spezialstrickmaschine ein, die die Strümpfe passgenau fertigt. Die Patienten empfinden sie meist als viel zu eng. "Bequeme Kompressionsstrümpfe nützen nichts", sagt die Apothekerin. Um zu wirken, müssen die Strümpfe einen Druck von außen erzeugen, der bis auf die Wände der Venen wirkt, damit in ihnen die Venenklappen wieder richtig schließen können. Diese unterstützen die Venenmuskelpumpe dabei, das Blut aus den Beinen wieder zurück zum Herzen zu befördern. Dazu muss die Druckkraft der Strümpfe von den Füßen zum Oberschenkel hin abnehmen – sonst würden die Strümpfe das Bein abschnüren.
Zehenstand und Knöchelkreisen
Mehr Bewegung nutzt den Venen. "Mein Computer steht aber nun mal auf einem Schreibtisch", erklärt Ursula T., die sich mit drei weiteren Kolleginnen ein Büro teilt. Wenn man dauernd aufspringt, um eine Runde um den Schreibtisch zu drehen, macht man sich ja auch nicht gerade beliebt. In diesem Fall helfe es den Venen, wenn man in regelmäßigen Abständen mit den Zehen wackelt, rät die Apothekerin, und Ursula T. überlegt, ob das wirklich ernst gemeint ist. "Die Zehen abwechselnd zum Körper hin und an schließend nach vorne zu strecken, unterstützt die Venen-Muskelpumpe ebenfalls", erläutert die Pharmazeutin weiter. "Und wer wie ich vorwiegend im Stehen arbeitet, kann sich ab und zu auf die Zehenspitzen stellen und den Fuß anschließend wieder abrollen." Auch die Füße im Knöchelgelenk kreisen zu lassen, hilft beim Rücktransport des Blutes zurück zum Herzen. Über einen Tipp freut sich Ursula T. besonders: Sie darf jetzt guten Gewissens und mit Empfehlung der Apothekerin abends die Beine hochlegen. Denn auch das hilft den Venen.
Apothekerin Maria Pues