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Medikamente absetzen ist komplizierter, als sie zu verschreiben

04.06.2020

Viele Menschen über 70 leiden an mehreren chronischen Erkrankungen und nehmen dagegen zahlreiche Medikamente ein. Das führt häufig zu ernsten Neben- und Wechselwirkungen. Das Problem: Das Verschreiben der Präparate funktioniert meist problemlos, nur für das Absetzen der Medikamente gibt es bisher kaum Richtlinien.

Gerade ältere Menschen müssen häufig mehrere Medikamente einnehmen.
Gerade ältere Menschen müssen häufig mehrere Medikamente einnehmen.
© iStock.com/Alexander Raths

Die Pharmazeutin Dr. Emily Reeve von der Universität South Australia sagt: „Ein typischer älterer Australier hat vier chronische Erkrankungen und nimmt regelmäßig sechs Medikamente ein, von denen bei einem der potenzielle Schaden den Nutzen überwiegt.“ Ein Grund dafür ist, dass es kaum Empfehlungen für Ärzte gibt, wann und wie Medikamente abgesetzt werden können. Um die Situation zu erfassen und Handlungsanweisungen zu erarbeiten, hat Reeve einen hochdotierten Forschungsauftrag der australischen Regierung erhalten.

Reeve schildert: „In der Kultur der Medizin ist das Absetzen von Medikamenten nicht so wichtig wie das Verschreiben von Medikamenten. Das Absetzen unangemessener Medikamente mag unkompliziert erscheinen, ist es aber nicht.“ Damit sich das ändert, sollen dafür Richtlinien festgelegt werden, die in Altenpflegeeinrichtungen auf ihre Wirksamkeit getestet werden. „In Seniorenheimen in Australien machen unangemessene Medikamente rund 20 Prozent der Verschreibungskosten aus. Wir haben hier die Möglichkeit, dieses Problem anzugehen und das Geld stattdessen für hochwertige Pflege zu verwenden“, sagt Dr. Reeve.

Neben dem Risiko für die Gesundheit stellt Polypharmazie – also die Anwendung vieler Medikamente gleichzeitig – eine enorme finanzielle Belastung für das Gesundheitssystem dar. Sie nimmt weltweit zu und wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als eine der größten Herausforderungen für die Gesellschaft bezeichnet. Die WHO schätzt, dass jährlich weltweit 18 Milliarden US-Dollar durch eine Korrektur des Medikamentengebrauchs eingespart werden könnten.

ZOU/RF

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