Eigentlich ging es der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe um den Lärmschutz. Laut Bundesemissionsschutzgesetz gilt für Konzerte eine Grenze von 100 Dezibel über zwei Stunden. Über acht Stunden hinweg darf die Durchschnittsbelastung höchstens bei 85 Dezibel liegen, was vor allem für Mitarbeiter relevant ist. In der Praxis sind die gemessenen Werte jedoch oft deutlich höher und können bei Konzerten bis zu 130 Dezibel erreichen. Schon 100 Dezibel entspricht dem Kreischen einer Kreissäge.
Deshalb soll der Lärmschutz in deutschen Clubs und Diskotheken verbessert werden. Durch eine neue Wandverkleidung oder andere Boxenaufhängungen könne bereits oft eine große Wirkung erzielt werden, sagte Projektleiter Thomas Fritsch von der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) kürzlich in Berlin. Zusammen mit dem Bundesverband deutscher Diskotheken und Tanzbetriebe (BDT) und der Technischen Universität Berlin will die BGN eine neue Schallschutzleitlinie entwickeln. "Bis zum Jahresende soll der Leitfaden für Diskothekenbetreiber fertig sein."
"Es hat sich aber mittlerweile auch gezeigt, dass ab 105 bis 110 Dezibel der Getränkeumsatz sinkt", berichtete Fritsch von einem veränderten Besucherverhalten. Vor allem viele Frauen fühlten sich bei Mega-Lautstärken unwohl und konsumierten weniger. So sei das Einrichten ruhiger Inseln sinnvoll, auch vor den Türen könne etwa durch Raucherzelte Lärmschutz für die Nachbarschaft erzielt werden.
Die neue Schallschutzleitlinie sei die konsequente Fortführung des bereits eingeführten DJ-Führerscheins, betonte die Akustikexpertin Brigitte Schulte-Fortkamp. "Den haben schon über 2500 Disc-Jockeys erworben." Der neue Leitfaden solle diese DJ-Tipps, auch bei geringerem Pegelausschlag ein gutes Soundgefühl zu erreichen, durch raumakustische Maßnahmen ergänzen. 2012 soll dazu eine Muster-Diskothek ausgestattet werden, kündigten die Initiatoren an.
Jutta Petersen-Lehmann