25.07.2016
Die europäische Arzneimittelbehörde EMA empfiehlt, ein bekanntes Medikament für die HIV-Prophylaxe auch in Europa zuzulassen. In den USA darf das Medikament bereits seit 2012 dafür eingesetzt werden. Hierzulande war die Zulassung bisher stark diskutiert worden, weil bei der Gabe gesunde Menschen ein Medikament mit Nebenwirkungen prophylaktisch einnehmen. Nach dem positiven Votum der EMA ist es nun wahrscheinlich nur noch eine Frage der Zeit, bis Ärzte das Medikament auch in Deutschland verordnen können.
Im Hinblick auf die weltweit zunehmende Zahl an HIV-Neuinfektionen hält es die EMA für notwendig, die derzeit bestehenden Präventionsstrategien auszuweiten. Das Medikament enthält die Wirkstoffe Emtricitabin und Tenofovirdisoproxil, die zur Behandlung einer Infektion mit HIV bei Erwachsenen eingesetzt werden. Wie in den USA soll das einmal täglich einzunehmende Medikament auch in Europa nur in Kombination mit Safer-Sex-Praktiken zum Einsatz kommen. Grundlage der EMA-Entscheidung sind die Ergebnisse zweier Studien: An einer Studie nahmen knapp 2500 HIV-negative Männer teil, die Sex mit Männern haben. Eine Hälfte nahm einmal täglich das Medikament ein, die andere ein Placebo. In der zweiten Gruppe infizierten sich im Laufe der dreijährigen Studie 83 Männer mit HIV, in der Prophylaxe-Gruppe nur 48. Die zweite Studie schloss mehr als 4700 heterosexuelle Paare mit jeweils einem HIV-positiven Partner ein. Hier konnte das Medikament das Infektionsrisiko im Vergleich zum Placebo sogar um 75 Prozent reduzieren. Die häufigsten beobachteten Nebenwirkungen des Medikaments waren Durchfall, Übelkeit, Müdigkeit, Kopfschmerzen und Schwindel.
Die EMA-Zulassungsempfehlung fällt wohl nicht zufällig mit dem Abschluss der internationalen Aids-Konferenz in Südafrika zusammen. Viele Länder haben in Durban von guten Erfahrungen mit der medikamentösen HIV-Prophylaxe berichtet. In einer Pressemitteilung betont die Deutsche Aids-Hilfe, dass die Prophylaxe Menschen, die ein besonders hohes HIV-Risiko haben, vor einer Infektion bewahren kann, etwa weil ihnen der Schutz mit Kondomen nicht immer gelingt. Die Methode werde immer häufiger angewendet und führe teilweise bereits zu sinkenden Infektionszahlen, zum Beispiel in San Francisco. „Wir brauchen diese zusätzliche Möglichkeit so bald wie möglich auch in Deutschland, denn sie verhindert HIV-Infektionen“, so die Geschäftsführerin der Aids-Hilfe, Silke Klumb. Dieser Wunsch geht nun aller Wahrscheinlichkeit nach bald in Erfüllung.
ss/<link www.pharmazeutische-zeitung.de>PZ/NK