28.02.2019
Besonderes Augenmerk richtet der Report auf den viel zu häufigen Einsatz bildgebender Verfahren. Gerade Computertomografien (CT) sollten wegen der hohen Strahlenbelastung eigentlich zurückhaltend eingesetzt werden. Trotzdem hatten 9,2 Prozent der ambulanten und 5,6 Prozent der Patienten im Krankenhaus im zeitlichen Umfeld der Diagnose eine CT-Untersuchung erhalten, obwohl diese beim Reizdarm-Syndrom von zweifelhaftem Nutzen ist. Ein ähnliches Bild zeigten die Magnetresonanztomografien (MRT), die sich ebenso wenig für die Diagnostik des Reizdarms eigneten, so die Autoren. Trotzdem hätten rund um die Diagnose ambulant 17,1 Prozent und im Krankenhaus 3,2 Prozent der Patienten ein MRT erhalten. Viele der Betroffenen durchlaufen zudem eine wahre Arzt-Odyssee, bevor sie die richtige Diagnose erhalten.
Rund 100.000 Patienten bekamen opioidhaltige Schmerzmittel, bei denen eine Abhängigkeit droht. Häufig werden Patienten auch Protonenpumpenhemmer, umgangssprachlich Magensäureblocker, verordnet. „Es ist kritisch zu hinterfragen, dass so viele Menschen mit Reizdarmsyndrom Magensäureblocker erhalten“, so Szecsenyi. Eigentlich sollten sie zum Schutz des Magens gegen zu viel Magensäure eingesetzt werden. Der Nutzen bei einem Reizdarm sei dagegen umstritten. „Bei der Behandlung ist es besonders wichtig, den ganzheitlichen Blick auf Körper und Geist zu richten. Eine reine Gabe von Medikamenten ist der falsche Ansatz“, sagt Studienautor Prof. Dr. Joachim Szecsenyi.
Dem Experten zufolge sei ein multidisziplinärer Ansatz unerlässlich, in dem Hausärzte oder Internisten eng mit Schmerztherapeuten, aber auch zertifizierten Ernährungsexperten zusammenarbeiteten. Nicht fehlen dürfe der Aspekt der Psychosomatik, da das Reizdarm-Syndrom könne eben auch seelische Ursachen haben.
NK