Was ist das? - Definition
Unter einem Bandscheibenvorfall versteht man die Einengung eines Rückenmarknervens durch eine verschobene Bandscheibe.
Wie wird es noch genannt? - Andere Bezeichnungen
Wie kommt es dazu? - Mögliche Ursache
Die Wirbelsäule bildet die Hauptachse des menschlichen Körpers. Sie besteht aus insgesamt 33-34 Wirbeln, von denen 24 gelenkig miteinander verbunden sind und an fast allen Körperbewegungen teilnehmen. Sie ist unterteilt in Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule. Im Inneren der Wirbel befindet sich ein Loch. Die Löcher aller Wirbel übereinander bilden einen Kanal, in dem das Rückenmark verläuft. Zwischen den einzelnen Wirbeln befinden sich kleine Löcher, durch welche die Nerven aus dem Rückenmark in den Körper ziehen.
Zur Abpufferung von Stößen und Erschütterungen liegen zwischen den Wirbeln die Bandscheiben. Sie bestehen aus einem gallertartigen Kern und einem festen Faserring. Wie alle Organe unterliegen auch die Bandscheiben degenerativen Veränderungen, die bereits mit dem 30. Lebensjahr beginnen. Der Gallertkern verliert an Wasser, es kommt zum Elastizitätsverlust der Bandscheibe. Folge sind Einrisse im Faserring. Ausgelöst durch Überbelastungen der Wirbelsäule kann der Faserring reißen, der Gallertkern der Bandscheibe verschiebt sich dann in Richtung Wirbelkanal. Die Folge ist eine Einengung des lokalen Rückenmarknervens mit entsprechenden Ausfallerscheinungen.
Wie macht es sich bemerkbar? - Symptome
Bandscheibenvorfälle kommen meist zwischen dem 20. und 65. Lebensjahr vor. Männer sind häufiger betroffen. Ein Bandscheibenvorfall ist meistens in der Lendenwirbelsäule lokalisiert, am zweithäufigsten sind Vorfälle in der Halswirbelsäule. Bandscheibenvorfälle im Bereich der Brustwirbelsäule sind eine absolute Seltenheit.
Typische Auslösemechanismen der Beschwerden sind ruckartige Kopf- oder Körperbewegungen, Heben von Lasten oder ähnliches.
Die Symptome unterscheiden sich je nach Lokalisation des Vorfalls:
1. Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule:
- Plötzliche starke Kreuzschmerzen mit Ausstrahlung in Gesäß oder Beine, beim Pressen (Husten, Niesen, Stuhlgang) nehmen die Schmerzen zu.
- Aufgrund der starken Schmerzen kommt es reflektorisch zur Verspannung der Rückenmuskulatur, dies verstärkt die Beschwerden.
- Meist kommt es zu einer Einengung des Ischiasnervs. Dadurch kommt es zu Ausfallerscheinungen im Versorgungsbereich des Nerven: beklagt werden Sensibilitätsstörungen (z.B. Taubheitsgefühl) entlang des Beines, ausstrahlend bis in die kleinen Zehen. Sind die motorischen Fasern des Nervs geschädigt, resultiert eine muskuläre Schwäche, z.B. kann der Patient nicht mehr auf den Zehen stehen.
2. Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule:
- Ausgelöst durch ruckartige Kopfbewegungen kommt es zu plötzlichen einschießenden Schmerzen in den Arm und Ausfallserscheinungen im Versorgungsbereich des eingeengten Nervs.
Wie geht es weiter? - Verlauf und Komplikationen
Meist bessern sich die Beschwerden unter einer Entlastung der Wirbelsäule, lokaler Wärme und Schmerzmitteln wieder.
Nehmen aber die Lähmungs- oder Sensibilitätsstörungen zu, muss rasch die Frage einer eventuell nötigen Operation geklärt werden, damit der Nerv nicht dauerhaft geschädigt ist und Lähmungen zurückbleiben.
Was kann sonst noch dahinter stecken? - Krankheitsbilder mit ähnlichen Symptomen
Beim so genannten "Hexenschuss" handelt es sich um eine Muskelverspannung im Bereich der Wirbelsäule. Schmerzen bestehen nur im Bereich der Verspannung, sie strahlen nicht ins Bein aus.
Von einer Lumboischialgie spricht man, wenn die Schmerzen in den Verlauf des Ischiasnervs ausstrahlen. Im Gegensatz zum Bandscheibenvorfall bestehen aber keine Sensibilitätsstörungen oder gar Lähmungserscheinungen im Bein.
Hausmittel und Verhaltenstipps
- Die beste Entlastung der Lendenwirbelsäule erreicht man mit Hilfe der Stufenlagerung: der Patient liegt auf einer möglichst harten Matratze und die Unterschenkel werden mit Kissen unterlagert, bis sie in 90-Grad-Stellung gelagert sind.
- Schmerzlindernd und muskelentspannend wirkt eine Kartoffelauflage: Mit Schale gekochte Kartoffeln zu einem Brei zerdrücken, in ein Leinentuch wickeln und auf die schmerzhafte Region auflegen. Die Auflage sollte so lange belassen werden, wie sie als warm empfunden wird.
- Besonders nach überstandenem Bandscheibenvorfall sind vorbeugende Maßnahmen zur Verhinderung ähnlicher Beschwerden wichtig: Übergewicht sollte vermieden werden (belastet die Wirbelsäule zusätzlich), auf eine aufrechte Haltung und gute Stühle bei sitzender Tätigkeit ist zu achten. Rückenschonendes Heben ist besonders wichtig: nicht der Rücken, sondern die Oberschenkel sollten die Hauptarbeit übernehmen, deshalb ist es wichtig, beim Heben schwerer Gegenstände immer in die Knie gehen.
Bearbeitungsstand: 23.07.2012
Quellenangaben:
Wülker, Orthopädie und Unfallchirurgie, Thieme, (2009), 2. Auflage - Thieme, Thiemes Altenpflege in Lernfeldern, Thieme, (2008)
Die Information liefert nur eine kurze Beschreibung des Krankheitsbildes, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Sie sollte keinesfalls eine Grundlage sein, um selbst ein Krankheitsbild zu erkennen oder zu behandeln. Sollten bei Ihnen die beschriebenen Beschwerden auftreten, wenden Sie sich an Ihren Arzt oder Apotheker.
Behandlung: Rückenschmerzen
In den meisten Fällen sind akute Rückenschmerzen harmlos und vergehen oft sogar von selbst. Ist das nicht der Fall, gibt es gute Behandlungsmöglichkeiten. Bei leichten Beschwerden können Salben und Gele mit ätherischen Ölen helfen, die Muskeln zu entspannen. Auch Wärme, ob als Bad, Wärmflasche, Wärmepflaster oder -salbe aus der Apotheke, tut einem schmerzenden Rücken gut. Daneben kommen Schmerzmittel infrage. Sie stecken in Salben und Gelen, die man lokal auf die betroffene Partie des Rückens aufträgt, oder in Tabletten, die man schluckt.
Medikamente lindern den Schmerz
Zudem gibt es Medikamente, die bei Rückenschmerzen helfen. Bei akuten Schmerzen setzen Ärzte sogenannte „peripher wirkende Analgetika“ ein, so die Deutsche Schmerzliga e.V. Dabei geht es um Mittel wie Paracetamol, Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen oder Naproxen. Wirksam sind auch muskelentspannende Medikamente wie Flupirtin oder Tolperison.
Halten Rückenschmerzen länger an oder bringen die eingesetzten Medikamente nicht genug Linderung, kommen Opioide zum Einsatz. Ziel der Therapie ist es nach Angaben der Schmerzliga, den Schmerz rund um die Uhr in Schach zu halten. Allerdings helfen auch Opioide nicht allen Schmerzpatienten. Wenn nötig, wird der Arzt das verordnete Opiat mit peripher wirkenden Schmerzmitteln oder anderen Substanzen kombinieren, beispielsweise mit muskelentspannenden Medikamenten oder mit krampflösenden Wirkstoffen wie Gabapentin oder Pregabalin. Auch Capsaicin-Pflaster oder Antidepressiva unterstützen die Schmerzbekämpfung.
Akuter Rückenschmerz kann auch durch das Einspritzen von örtlichen Betäubungsmitteln in Triggerpunkte gelindert werden. Triggerpunkte sind überempfindliche Stellen in einer tastbaren Muskelverhärtung. Die Injektion kann die Schmerzen lindern, wichtig ist jedoch, dass sie mit Bewegungs- und Entspannungstherapie kombiniert wird. Auch entzündungshemmende und abschwellende Substanzen können gespritzt werden, um eine Spirale aus Schwellung, Entzündung und Schmerz zu unterbrechen.
Problemfall chronischer Schmerz
Deutlich schlechter sind die Aussichten auf einen Behandlungserfolg, wenn der Schmerz erst einmal chronisch geworden ist. Von solchen chronischen Schmerzen sprechen Ärzte, wenn der Schmerz länger als zwölf Wochen anhält. Bei etwa zehn Prozent der Rückenschmerz-Geplagten geht der Schmerz in einen solchen Dauerzustand über.
Die Ursachen für den chronischen Rückenschmerz bleiben zudem in den meisten Fällen im Verborgenen. Eine speziell auf eine Ursache zugeschnittene Therapie ist so nicht möglich. Ziel der Behandlung von Betroffenen ist es daher, die Lebensqualität zu verbessern. Diese sollte sich vor allem an individuellen und realistischen Zielen der Patienten ausrichten. Medikamente sind eine wichtige Säule der Therapie, zugleich dürfen sie aber nicht die einzige Behandlung darstellen. Idealerweise erhalten Patienten eine sogenannte "multimodale Schmerztherapie". Dabei kommen neben Arzneimitteln auch nicht medikamentöse Elemente zum Einsatz. Dazu zählen Bewegungstherapie, progressive Muskelentspannung, Ergotherapie und Verhaltenstherapie. Die Mobilisation des Körpers, Akupunktur und Massagen können diese Therapien ergänzen. Aufgrund der unterschiedlichen Ansätze bei der multimodalen Schmerztherapie arbeiten in der Regel mehrere Berufsgruppen zusammen: Mediziner, Physio- und Psychotherapeuten. Die multimodale Schmerztherapie lindert die Schmerzen von chronischen Schmerzpatienten nachweislich.
Wann zum Arzt?
Es gibt allerdings auch Rückenschmerzen, deren Ursache gefährlich ist. Zu einem Besuch beim Arzt rät Becker, wenn man…
- einen Unfall hatte, zum Beispiel gestürzt ist, und der Schmerz erst danach anfängt (dann könnte ein Bruch dahinterstecken),
- vor einiger Zeit eine Spritze im Bereich des Rückens erhalten hat und danach Fieber auftritt, das nicht durch einen grippalen Infekt erklärbar wäre, und womöglich mit nächtlichen Schmerzen einhergeht (dann könnte eine Infektion dahinterstecken),
- Gefühlsstörungen, Kraftverlust oder eine Lähmung in einem oder beiden Beinen verspürt.
Wann operieren?
Viele Patienten stellen sich die Frage, wann eine Operation nötig ist. Es gibt Fälle, in denen ein Eingriff unumgänglich ist. Becker nennt hier schwere neurologische Ausfälle, beispielsweise einen massiven Bandscheibenvorfall, der auf das Rückenmark drückt. "Das ist ein Notfall, das muss sofort entlastet werden!" Ansonsten sei es schwierig, die Erfolgsaussichten einer Operation vorherzusagen, da auch die Psyche und das Verhalten Einfluss auf den Rückenschmerz hätten. Solange aber im Röntgenbild oder MRT-Untersuchungen von Rückenschmerz-Patienten keine Veränderungen sichtbar seien, verbiete sich eine Operation.
Auch neue, viel umworbene Operationsmethoden seien sehr kritisch zu sehen, so Becker. Prinzipiell sollten Patienten das Für und Wider einer Operation am besten zusammen mit ihrem Arzt sorgfältig abwägen und gegebenenfalls die Meinung eines zweiten Mediziners einholen.
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Letzte Aktualisierung: August 2016