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17.08.2023
In den letzten Jahrzehnten habe sich Scharlach laut Stiftung Kindergesundheit mehr und mehr zu einer seltenen Erkrankung entwickelt. Doch nun scheint die Situation umzuschlagen: Kinderärzte und Apotheker beobachten mehr und mehr Fälle von Streptokokken-Erkrankungen unter ihren Patienten, schreibt die Stiftung in einer aktuellen Pressemitteilung. Auch das Robert Koch-Institut berichtet in seinem Epidemiologischen Bulletin (8/2023), dass es im 4. Quartal 2022 einen für die Jahreszeit ungewöhnlich frühen und starken Anstieg von schweren Infektionen durch Streptokokken gab. Am stärksten betroffen war die Gruppe über 65-jähriger Menschen. Ein Ende des Anstiegs ist noch nicht abzusehen: Zurzeit erkranken vor allem Kinder unter 15 Jahren und Menschen zwischen 25 und 44 Jahren an Scharlach und anderen von Streptokokken ausgelösten Infektionen.
Diese Krankheiten waren bisher nicht meldepflichtig. Angesichts der beunruhigenden Lage haben jedoch die kinderärztlichen Fachgesellschaften unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) kurzfristig ein Meldesystem für Gruppe-A-Streptokokken-Infektionen und weitere komplizierte (Atemwegs-)Infektionen bei stationär behandelten Kindern eingerichtet.
Streptokokken der Gruppe A besiedeln häufig die Schleimhäute im Nasen-Rachen-Raum, ohne dass die Träger selbst erkranken. Sie sind jedoch häufige Erreger einer Streptokokken-Angina, also einer fiebrigen Hals-Rachenmandel-Entzündung. Die Erreger können auch andere schwere Infektionen verursachen, zum Beispiel Mittelohr-, Lungen- und Hirnhautentzündungen. Scharlach ist eine Sonderform der Streptokokken-A-Infektion, der durch spezielle Streptokokken-Typen hervorgerufen wird. Sie sind in der Lage, ein besonderes Scharlachgift zu produzieren, das neben der Halsentzündung den typischen Scharlachausschlag auslöst.
Antibiotikum nicht vorzeitig absetzen
Das Antibiotikum Penicillin gilt nach wie vor als das wichtigste Medikament zur Bekämpfung von Streptokokken. „Von größter Wichtigkeit ist die unbedingte Einnahme des vom Arzt verordneten Antibiotikums, so lange, wie es vom Arzt vorgeschrieben ist“, sagt Kinder- und Jugendarzt Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „Mit Hilfe der Penicillin-Behandlung geht es dem Kind zwar schon nach 24 bis spätestens 48 Stunden wieder gut. Das Verschwinden der Beschwerden bedeutet aber nicht, dass damit auch die Bakterien beseitigt sind! Die Behandlungsdauer von meist zehn Tagen ist notwendig, um alle Bakterien abzutöten. Bleiben Reste im Organismus, könnte die Krankheit wieder aufflackern. Außerdem besteht die Gefahr, dass sich die Erreger an das Antibiotikum gewöhnen, also eine Resistenz entwickeln“.
Ist die Erkrankung überstanden, ist man in Zukunft vor dem jeweiligen Giftstoff des Erregers geschützt. Da die Bakterien aber unterschiedliche Giftstoffe bilden, ist es möglich, auch mehrfach an Scharlach zu erkranken.